Früherer Organisator der Islamkonferenz sieht Defizite im Dialog

Berlin (KNA) Der Mitbegründer und frühere Organisator der Deutschen Islamkonferenz, Markus Kerber, beklagt mangelnde Fortschritte im Dialog mit dem Islam. Für den damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sei die Konferenz “ein Lieblingsprojekt” gewesen, “das er ins Herz geschlossen hatte”, sagte Kerber, von 2006 bis 2009 Leiter der Grundsatzabteilung im Bundesinnenministerium und heute Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie dem “Tagesspiegel” (Montag). “Später wurde die Islamkonferenz nur noch administriert.” Das zeige sich auch daran, dass der Islam bis heute nicht den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts erhalten habe, so Kerber weiter. Das sei zwar Sache der Länder, aber: “Nach meiner Erfahrungen brauchen die auch bei Kernaufgaben oft Schub vom Bund. Ich weiß nicht, ob da aus Berlin genug kam.” Die Deutsche Islamkonferenz wurde vor zehn Jahren von Schäuble initiiert. Sie dient als zentrale Dialogplattform zwischen Staat und Islam in Deutschland und soll die religions- und gesellschaftspolitische Integration der rund vier Millionen Muslime voranbringen. Kerber sprach sich dafür aus, gerade in Zeiten des Zulaufs zur AfD wieder Wertedebatten zu führen, auch in der Islamkonferenz: “Als Hüter der Religionsfreiheit und des Religionsverfassungsrechts muss der Staat seine Aufgabe erfüllen.” Da es in den großen Parteien SPD und Union dazu nichts Ernstzunehmendes gebe, sei er in der Verantwortung. “Wir brauchen dringend an etlichen Ecken in Deutschland ein Verständnis dafür, was eine offene, auch religiös offene Gesellschaft ist. Dabei muss man den AfD-Leuten sagen, was nicht geht, und einigen Muslimen auch.” Die Deutsche Islamkonferenz sei dafür einst eine Bühne gewesen und könnte dies immer noch sein. Unabhängig davon gebe es Erfolge, betonte Kerber. “Völlig unbemerkt von der deutschen Mehrheit werden die deutschen Muslime seither wahr- und ernst genommen, die Politik setzt sich mit ihnen auseinander. Und sie haben das sehr wohl bemerkt. Ich halte das immer noch für einen der Gründe, warum es in Deutschland keinen großen Anschlag von ‘homegrown’ Attentätern gab.”

(KNA – qktmp-89-00052)