“Ein scharfes Schwert”. Kirchen- und Staatsrechtler zum Verbot von Moscheevereinen

Von Christoph Arens (KNA) Köln (KNA) Die Berliner Behörden haben am Dienstag den Moschee-Verein “Fussilet 33” verboten und unter anderem Wohnungen sowie Gefängniszellen durchsucht. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erläutert der Kölner Staats- und Kirchenrechtler Stefan Muckel die Probleme eines Verbotsverfahrens.

KNA: Herr Professor Muckel, wie bewerten Sie das Verbot des Berliner Moscheevereins Fussilet 33?

Muckel: Ich bin froh, dass die wehrhafte Demokratie offenbar einigermaßen funktioniert. Der Staat lässt nicht alles mit sich machen…

KNA: Ist das Verbot auch ein Symbol?

Muckel: Sicher hat das Verbot auch einen Symbolcharakter und hoffentlich auch eine abschreckende Wirkung. Anderen Radikalen muss klar sein, dass sie sich nicht sicher fühlen können.

KNA: Aber bringt ein Verbot wirklich viel? Die handelnden Personen können doch in den Untergrund abtauchen.

Muckel: Das ist ein gängiges Problem solcher Verbote, auch bei verfassungsfeindlichen Parteien oder bei kriminellen Rockerclubs: Die Betroffenen können untertauchen und sich andere Betätigungsfelder suchen. Und die Sicherheitsbehörden fangen wieder ganz von vorn an bei der Überwachung, weil sich neue Strukturen bilden. Ein Verbot muss also gut überlegt sein und liegt im Ermessen des jeweiligen Innenministers oder -Senators.

KNA: Was ist dann der Gewinn eines Verbots?

Muckel: Die Strukturen des betroffenen Vereins werden zerschlagen, das Vermögen und das Sacheigentum wird eingezogen. Das ist also schon ein massiver Schlag. Der betroffene Verein wird stark geschwächt oder sogar handlungsunfähig.

KNA: Trotzdem ist ein Vereinsverbot keine leichte Sache…

Muckel: Das Vereinsverbot ist eine scharfe Waffe, weil es einen Eingriff in das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit bedeutet. Dieses Grundrecht ist in einer Demokratie von großer Bedeutung.

KNA: Welche Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein? Reicht schon eine frauenfeindliche Predigt?

Muckel: Sie werden sicher auch in manchen katholischen Kirchen Predigten hören, die nicht ganz dem modernen Frauenbild entsprechen. Nein, das reicht sicher nicht aus. Vereine dürfen nur verboten werden, wenn sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Gedanken der Völkerverständigung oder Strafgesetze verstoßen. Das muss man dann auch sehr genau belegen und begründen können.

KNA: Im konkreten Fall handelt es sich um einen religiösen Verein. Macht es das noch schwieriger?

Muckel: Ja, denn es ist ja neben der Versammlungsfreiheit auch noch das Grundrecht der Religionsfreiheit betroffen. Bis vor einigen Jahren waren Experten unsicher, ob religiöse Vereine überhaupt verboten werden können. Denn im Vereinsgesetz war das Religionsprivileg verankert, das religiöse Vereinigungen von den für die übrigen Vereine geltenden Vorschriften ausnahm. Es wurde aber im Zusammenhang mit dem Vorgehen des Staates gegen den Kölner Islamistenführer Metin Kaplan und sein Kalifat Anfang der 2000er Jahre abgeschafft.

(KNA – rkmms-89-00104)