Joggen für den Frieden in Rom

Tausende bei interreligiösem Halbmarathon  Von Burkhard Jürgens (KNA) Rom/Vatikanstadt (KNA) Ein Lauf für Frieden, Integration, Inklusion und Solidarität – nur Gutes auf 21,097 Kilometern.

Es war eine gemeinsame Initiative des päpstlichen Kulturrates unter seinem rührigen Leiter Kardinal Gianfranco Ravasi und der Stadt Rom, einen Halbmarathon der allseitigen Verständigung auf die Piste zu schicken. Und so wurden am Sonntag die schönsten Meilen links und rechts des Tibers zu einer “Via Pacis”, einem Weg des Friedens für Pilger im Laufschritt. An die 6.000 Menschen aus 43 Ländern folgten dem Ruf, knapp 1.900 von ihnen über die volle Distanz, die anderen mit einem Volkslauf von fünf Kilometern; gemäß dem lateinischen Sprichwort, dass auch dort, wo die Kräfte fehlen, der Wille zu loben ist.

Sie bildeten das Gros der Bewegung, Alte und Junge, Eltern mit Kindern, Migranten, Blinde mit Führerhund, Ordensfrauen im strammen Wanderschritt neben Aktivisten für Homosexuellen-Rechte. Ein Sinnbild, dass die Menschheitsfamilie in all ihrer Buntheit sich auch gemeinsam in eine Richtung bewegen kann. Rom ist die Stadt der Päpste, doch auch eine Stadt vieler Religionen. Absichtsvoll schlang der Parcours ein Band vom Vatikan zur Großen Moschee – der größten islamischen Gebetsstätte Europas -, zur jüdischen Synagoge und zurück zum Petersplatz.

Oberrabbiner Riccardo Di Segni und der Imam der Moschee, Salah Ramadan, beide beim Start zugegen, rühmten vor TV-Kameras den Beitrag des Sports für ein gewaltfreies Zusammenleben und gegenseitigen Respekt. Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi hätte sich ein bisschen mehr davon wünschen mögen. Die Stadtchefin, die das Rennen eröffnete, empfingen Pfiffe und Buh-Rufe. Zwar sprach auch sie von einer “Botschaft des Friedens an die Welt” und einem Sportereignis, das Menschen aller Hautfarbe und Religion einen könne. Aber wo Raggi dieser Tage hinkommt, hat sie einen schweren Stand. Mag sie auch die “wunderschöne Strecke” loben – viele Bürger denken eher an überquellende Müllcontainer, marode Busse und Schlaglöcher in den Straßen. Der Friedenslauf brachte für die Römer ein paar weitere Einschränkungen, jedoch nur befristet.

Von Sonntagmorgen an waren sonst vom Verkehr belebte Straßen am Tiber und in der Innenstadt gesperrt, Buslinien umgeleitet. Die Stadt ist Kundgebungen gewohnt. Der Vatikan schickte ein eigenes Team ins Rennen: die gerade erst gegründete “Athletica Vaticana”. Mitarbeiter der Kurie und des päpstlichen Geheimarchivs nennt der Sportverantwortliche des Vatikan, Melchor Sanchez de Toca, als Mitglieder; weiter Feuerwehrleute, Schreiner, Schweizergardisten und Museumswärter. Kein Spitzenkader, eher ein Betriebssportverein, geeint durch die Freude an Bewegung und den Dienst für den Papst. “In Psalm 34 heißt es: ‘Suche den Frieden und jage ihm nach'”, sagte Sanchez dem Sender Radio Vatikan.

Dieser interreligiöse Halbmarathon sei dafür “ein schönes Beispiel”. Kardinal Ravasi, der den Lauf mit angestoßen hatte, fand sich übrigens weder unter den Läufern noch unter den Zuschauern. Er hatte einen Termin in Assisi. Sein Beitrag zu dem Ereignis blieb ein Tweet am Wochenende, ein Zitat aus dem Roman “On The Road” von Jack Kerouac (1922-1969): “Der Weg ist das Leben”. Jene Teilnehmer, die nach der Zielankunft noch bis zum Mittag warten wollten, begrüßte Papst Franziskus bei seinem Angelus-Gebet; mit etwa dem gleichen Wunsch, den vorher schon Bürgermeisterin, Oberrabbiner und Imam formuliert hatten: dass der Lauf “Dialog, Zusammenleben und Frieden fördern” möge. Wer am Ende die Distanz über die 21 Kilometer gewann – nämlöich der 24-jährige Eyob Ghebrehiwet Faniel aus Venedig und die 27-jährige Sara Brogiato von der Luftwaffe in Rom – war Veranstaltern und Medien kaum eine Notiz wert. Vielleicht spielte es auch wirklich keine Rolle.

(KNA – rktlr-89-00053)