Melbourne (KNA) In einem gemeinsamen Offenen Brief haben Katholiken und Muslime die Regierung des australischen Bundesstaates Victoria zu einer “Pause” bei der Beratung des Gesetzes zum Verbot von Konversionstherapien für Homosexuelle gefordert. “Leider verbietet dieser Gesetzentwurf nicht nur veraltete und heimtückische Praktiken von Zwang und Leid, die wir entschieden ablehnen”, heißt es in dem am Montag auf der Webseite des Erzbistums Melbourne veröffentlichten Schreiben der katholischen Bischöfe und des Islamrats von Victoria an Ministerpräsident Daniel Andrews.
Der Gesetzentwurf kriminalisiere auch Gespräche zwischen Kindern und Eltern, beeinträchtige “fundierte professionelle Ratschläge” und bringe Seelsorger zum Schweigen, “die Einzelpersonen helfen sollen, die aus freien Stücken in komplexen privaten Situationen seelsorgerische Hilfe suchen”, so die Religionsvertreter.
Der Gesetzentwurf soll in dieser Woche im Parlament von Victoria beraten werden. Bereits im Dezember lehnten Juristen den Gesetzentwurf als Bedrohung der Religionsfreiheit ab. John Steenhoff, Direktor der christlichen Organisation “Human Rights Law Alliance”, nannte gegenüber katholischen Medien den Gesetzentwurf einen “direkten Anschlag auf Religionen und besonders auf das Christentum”.
Michael Quinlan, Dekan der juristischen Fakultät der katholischen Universität Notre Dame in Sydney, verurteilte den Entwurf als “drakonischen und autoritären Ansatz”. Quinlan fügte hinzu: “Ich denke nicht, dass Beten jemals ein Verbrechen sein sollte.” Auch Peter Joseph, Kaplan der unabhängigen katholischen Gemeinde für Homosexuelle “Courage”, lehnte die Vorlage als zu weitgehend ab. “Der Gesetzentwurf ist ideologisch geprägt, statt von dem Wunsch, Menschen zu schützen”, sagte Joseph gegenüber Medien.
Der Gesetzentwurf wird in dieser Woche in das Oberhaus eingebracht. Das Repräsentantenhaus hatte im Dezember das Gesetz mehrheitlich mit den Stimmen regierenden Labor Partei gebilligt.
Der Entwurf sieht vor, Praktiken zu verbieten, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität von Homosexuellen und Transsexuellen zu ändern oder zu unterdrücken. Demnach sollen diese Therapien gesetzlich untersagt werden, wenn sie zu schweren psychischen Verletzungen und Traumata führen. Zu den verbotenen Praktiken gehört laut australischen Medien auch die Beratung und das Beten für Änderungen der sexuellen Orientierung. Bei Verstößen sieht der Gesetzentwurf Gefängnisstrafen zwischen fünf und zehn Jahren und Geldstrafen zwischen 64.000 und 126.000 Euro vor.
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