CIBEDO-Beiträge 02/2015

Liebe Leserinnen und Leser,

„Laudato si’“ lauten die ersten Worte der Enzyklika des Papstes in Anlehnung an den „Sonnengesang“ seines Namenspatrons Franz von Assisi. Wie der Untertitel „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ deutlich macht, befasst sich das Lehrschreiben mit aktuellen Fragen der Schöpfungstheologie, der Umwelt und Ökologie sowie des Klimawandels. Darin wird in eindrücklicher Weise der Umgang des Menschen mit den Ressourcen der Welt beschrieben und die Verantwortung des Menschen für die Erde angemahnt. Die Schöpfung ist uns anvertraut und wir sollten umsichtig damit umgehen, damit auch noch unsere Kinder ihre Schönheit bewundern können.

Der Glaube daran, dass die Welt die Gottes Schöpfung ist, die dem Menschen

anvertraut ist, damit er sie beackern kann, gehört zur religiösen Tradition von Juden, Christen und Muslimen. Wir dürfen daher nicht vergessen: „Die Umwelt ist ein kollektives Gut, ein Erbe der gesamten Menschheit und eine Verantwortung für alle.“ (Nr. 95). Unser Erbe „[d]ie Erde, unser Haus, scheint sich immer mehr in eine unermessliche Mülldeponie zu verwandeln“ (Nr. 21), schreibt der Papst – und weiter: „Niemals haben wir unser gemeinsames Haus so schlecht behandelt und verletzt wie in den vergangenen beiden Jahrhunderten“ (Nr. 51). Damit dieses Erbe aber auch uns überlebt, ist eine Änderung der Gesinnung und des Konsumverhaltens unumgänglich. Wir müssen unseren Lebensstil ändern. Der Papst spricht diesbezüglich von einem „heilsamen Druck“, damit eine Änderung und eine Verbesserung eintreten können. Es liegt in unserer Verantwortung, mit unserer Umwelt und deren Ressourcen schonend umzugehen.

Das päpstliche Schreiben möchte jedoch nicht nur warnen, sondern auch dazu

ermutigen, dass die Anhänger der verschiedenen Religionen sich miteinander Gedanken machen, wie sie gemeinsam zu einem achtsamen Umgang mit der Umwelt beitragen können. Dabei schlägt die Enzyklika die Brücke auch zur Mystik und greift die Gedanken von Ali al-Khawwas, einem muslimischen „geistlichen Lehrer“ aus dem neunten Jahrhundert, auf, wenn sie über das Ideal spricht, „nicht nur vom Äußeren zum Inneren überzugehen, um das Handeln Gottes in der Seele zu entdecken, sondern auch dahin zu gelangen, ihm in allen Dingen zu begegnen“ (Nr. 233).

Schließlich bietet der Papst am Ende des Schreibens ein Gebet an, das wir mit allen teilen können, die an einen allmächtigen Schöpfergott glauben. „Allmächtiger Gott, der du in der Weite des Alls gegenwärtig bist und im kleinsten deiner Geschöpfe, der du alles, was existiert, mit deiner Zärtlichkeit umschließt, gieße uns die Kraft deiner Liebe ein, damit wir das Leben und die Schönheit hüten. // Überflute uns mit Frieden, damit wir als Brüder und Schwestern leben und niemandem schaden […].“

Angesicht der islamistisch-terroristischen Anschläge, die am selben Tag in Frankreich, Tunesien und Kuwait verübt wurden, wirkt diese Sehnsucht nach Frieden noch dringender denn je! Ansätze zum Nachdenken darüber, wie ein Dialog zwischen Christen und Muslimen langfristig gelingen kann, bietet in diesem Heft das Essay von Kardinal Tauran, dem Präsidenten des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog.

 

In diesem Sinne viel Freude bei der Lektüre!

Timo Güzelmansur

 

Inhaltsverzeichnis

Studien

Interreligiöser Dialog als Beitrag zum Gemeinwohl

von Jean-Louis Kardinal Tauran, Rom 52

Interreligiöse Kompetenz – nötig wie nie: eine Konzeptualisierung in praktischer Absicht

von Mirjam Schambeck, Freiburg 55

Die Schulung von Christen für den Dialog mit dem Islam
Erfahrungen und Anregungen für die Zukunft

von Chris T. R. Hewer, Domreask/Irland 62

 

Dokumentation

Was es bedeutet, ein Muslim zu sein
Auszug aus der Rede des jordanischen Königs Abdullah II. b. al-Hussein vor dem Europäischen Parlament 74

„Man kann leben, indem man Frieden stiftet!“
Auszug aus der Rede von Papst Franziskus im Rahmen der ökumenischen und interreligiösen Begegnung während der apostolischen Reise nach Sarajevo (Bosnien-Herzegowina) 76

 

Berichte

Religion und Öffentlichkeit
Bericht zur Tagung des Forschungskolloquiums Christentum – Islam, 10./11. Oktober 2014 in Berlin

von Dominika Hadrysiewicz und Ines Richter 79

Armut und Gerechtigkeit – christliche und islamische Perspektiven
Bericht zum elften Theologischen Forum Christentum – Islam, 6. bis 8. März 2015 in Stuttgart-Hohenheim

von Barbara Brockmann, Verena Voigt und Raphael Zikesch 81

Muslime als Partner in Baden-Württemberg – Herausforderungen im kommunalen Kontext
Bericht zur Fachtagung in Stuttgart-Hohenheim

von Hussein Hamdan und Christian Ströbele 83

L’Église et les religions du monde. 50 ans Nostra Aetate
Bericht zum Studientag des Institut de Science et de Théologie des Religions und des Conseil pour les relations interreligieuses et les nouveaux courants religieux am 19. Mai 2015 am Institut catholique de Paris

von Markus Kneer 85

 

 

Buchbesprechungen

Güzelmansur, Timo (Hrsg.): Das koranische Motiv der Schriftfälschung (tahrÍf) durch Juden und Christen. Islamische Deutungen und christliche Reaktionen

von Andreas Renz 87

Rohe, Mathias/Engin, Havva/Khorchide, Mouhanad/Özsoy, Ömer/Schmid, Hansjörg (Hrsg.): Handbuch Christentum und Islam in Deutschland. Grundlagen, Erfahrungen und Perspektiven des Zusammenlebens

von Timo Güzelmansur 88

 

Literaturhinweise 90
Neuanschaffungen der CIBEDO-Bibliothek 92
Zeitschriftenschau 94