CIBEDO-Beiträge 3/2017

Liebe Leserinnen und Leser,

„Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen aufgrund seiner Hautfarbe oder seiner Geschichte oder seiner Religion zu hassen.

Menschen müssen zu hassen lernen und wenn sie zu hassen lernen können, dann kann ihnen auch gelehrt werden zu lieben, denn Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil.“ Diese Zeilen hat Barack Obama nach den gewaltsamen Ausschreitungen in der US-amerikanischen Stadt Charlottesville getwittert. Er verwendete damit einen Satz des südafrikanischen Präsidenten und Anti Apartheid-Kämpfers Nelson Mandela. Rassismus ist abzulehnen, egal von wem er ausgeht. Wenn staatliche Behörden dabei versagen, rassistische Gewalttaten zu unterbinden, dürfen Religionsvertreter dazu nicht schweigen. Daher ist es ein gutes Zeichen, dass mehrere tausend Menschen – Angehörige verschiedener Religionen und Glaubensgemeinschaften – in Washington auf die Straße gegangen sind und gegen die rassistische Gewalt von Charlottesville protestiert haben.

Wir müssen nicht in die Ferne blicken, um menschenfeindliche Ideologien zu identifizieren: Wie sieht es in Deutschland aus? Spätestens seit der Aufdeckung der Terrorgruppe des Nationalsozialistischen Untergrunds wissen wir, dass solche Ideologien auch in unserer unmittelbaren Nähe gewütet haben. Fremdenfeindlichkeit hat viele Gesichter und verfolgt immer das Ziel, Gesellschaften auseinanderzudividieren und gegeneinander zu hetzen. Zwei Lager sind gegenwärtig auffällig: auf der einen Seite die sogenannten Verteidiger des christlichen Abendlandes und auf der anderen Seite die Anhänger des türkischen Präsidenten Erdoğan, der durch seine Beleidigungen in Richtung Deutschland Schlagzeilen macht.

Es wird also gezielt gezündelt – und leider fallen diese politischen Entgleisungen bei manchen Mitbürgern auf fruchtbaren Boden. Wir müssen solche Ideologien schonungslos aufdecken und auch deutlich benennen: „Wo Asylsuchende, ehrenamtliche Flüchtlingshelfer, engagierte Lokalpolitiker, Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten fortwährend beschimpft und eingeschüchtert werden, wo sie um ihre Sicherheit fürchten müssen und Opfer gezielter Angriffe werden, da handelt es sich um Terror von rechts. Keiner, dem an unserer Werteordnung liegt, darf die Augen davor verschließen.“ Das sagte Kardinal Reinhard Marx bei der Verleihung des Katholischen Preises gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus im Juni in Berlin.

Neben den ausgezeichneten Projektträgern, so forderte er, sollten sich noch mehr Menschen mutig gegen solche Ideologien stellen. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sind eindeutig nicht mit der christlichen Lehre vereinbar, „wenn wir irgendwelchen Menschen, die ja nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind, die brüderliche Haltung verweigern. […] Deshalb verwirft die Kirche jede Diskriminierung eines Menschen […] um seiner Rasse oder Farbe, seines Standes oder seiner Religion willen, weil dies dem Geist Christi widerspricht“ (Nostra aetate Nr. 5). Gemeinsam ist man stark. Es ist wirksamer, wenn sich Menschen aus unterschiedlichen religiösen Traditionen gemeinsam für etwas aussprechen und sich für dessen Verwirklichung engagieren. Ein wichtiges Zeichen ist daher auch die Erklärung, die die Religionsvertreter während der Weltausstellung Expo in Astana, Kasachstan, zum Gebetstag für die Bewahrung der Schöpfung am 1. September unterzeichnet haben. Wir leben in einer vernetzten Welt, in der wir die Probleme nur gemeinsam und mit einer globalen Perspektive lösen können. Dabei ist jede und jeder gefragt, zur Lösung beizutragen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Lektüre dieses Heftes!

Dr. Timo Güzelmansur

 

Inhalt

Studien

Islamische Theologie an deutschen Universitäten. Entwicklungen und Herausforderungen
Jan Felix Engelhardt 102

Wer studiert islamische Theologie?
Constantin Wagner 108

Islam unterrichten in säkularer Rahmung. Zum Fachprofil des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen mit besonderem Blick auf Hessen
Harry Harun Behr 117

Dokumentation

„Der Muslim ist derjenige, vor dessen Hand und Zunge die Menschen in Sicherheit sind“
Deklaration der Imame in Österreich gegen Extremismus, Gewalt und Terror, 14. Juni 2017 127

„Es geht darum, die Räume einer wirksameren weiblichen Präsenz zu erweitern“
Ansprache von Papst Franziskus, 9. Juni 2017 128

Ramadanbotschaften
Päpstlicher Rat für den Interreligiösen Dialog Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz Ratspräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland Bundespräsident 130 131 132 133

Berichte

Das Grundgesetz – Werteordnung für das Einwanderungsland Deutschland?
Sebastian Prinz 134

„Schritte hin zu einem Islam der Zukunft“
Frank van der Velden 136

Benin: Ein Land von Synergien und Synkretismen – mit Auswirkungen auf den muslimisch-christlichen Dialog
Erwin Tanner-Tiziani 139

Nein zu Rassismus!
Timo Güzelmansur 143

Türkei – Der Bezug auf religiöse Begriffe und Konzepte im Diskurs der Regierungspartei
Tuncay Dinckal 145

Islam und Staat, Religionsfreiheit und Grundgesetz
Sebastian Prinz 148

Buchbesprechungen

Stefan Leder (Hg.): Schrift, Offenbarung, Dogma im christlich-muslimischen Dialog
Nora Kalbarczyk 151

Langenhorst, Georg/Naurath, Elisabeth (Hg.): Kindertora – Kinderbibel – Kinderkoran. Neue Chancen für (inter-)religiöses Lernen
Matthias Böhm 152

Literaturhinweise 156
Zeitschriftenschau 158

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