Gestern (8. November 2023) sind Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz und des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland (KRM) zu einem Spitzengespräch zusammengetroffen. Die Begegnung fand in den Räumlichkeiten der DITIB-Gemeinde Langen (Hessen) statt. Im Fokus des Gesprächs standen das theologische Dialogverständnis von Christen und Muslimen, die religiöse Bildung junger Menschen in Deutschland sowie der Krieg im Nahen Osten und seine Auswirkungen auf die interreligiösen Beziehungen.
In seiner Begrüßung betonte der Sprecher des KRM, Laurent Ibra (Union der Islamisch-Albanischen Zentren in Deutschland): „Als Rechtschaffene und Gläubige werden Juden, Christen und Sabier im Koran vor Gott gleich den Muslimen wertgeschätzt (Koran 2:62). Unser Glaube gebietet uns Dialog (Koran 49:13). Auch wenn wir manchmal unterschiedlicher Meinung sind, sollen wir diesen Unterschieden mit Respekt begegnen und sie akzeptieren. Die Vielfalt der Menschen ist vom Schöpfer als Bereicherung beschrieben. Nicht immer müssen wir einer Meinung sein, aber immer sollten wir bestrebt sein, einen gemeinsamen Weg im Sinne der Schöpfung, die uns im monotheistischen Glauben verbindet, zu suchen und zu finden. Selten waren diese Haltung und der Bedarf nach dem Dialog so wichtig und notwendig wie heutzutage. Gemeinsam müssen wir uns für einen jeden Menschen als Gottesgeschöpf und unsere Menschlichkeit stark machen.“
Der Vorsitzende der Unterkommission für den Interreligiösen Dialog der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), hob hervor: „Beim Dialog geht es darum, einander wirklich zuzuhören. Statt Vorurteile zu nähren und Klischees zu bedienen, wollen wir den Standpunkt des anderen ernsthaft verstehen lernen. Dazu gehört manchmal auch eine kritische Auseinandersetzung. Vor allem aber bedarf es einer Haltung der Wertschätzung. Für katholische Christen wurde ein wertschätzender Blick auf Muslime in der Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils Nostra aetate theologisch grundgelegt; das ist für uns die Richtschnur. Und noch etwas ist wesentlich: Wir begegnen uns als Gläubige und lernen uns auch geistlich besser kennen.“
Mit Blick auf den Stellenwert des christlich-muslimischen Dialogs wurde unter anderem die bleibende Bedeutung des Abu-Dhabi-Dokuments hervorgehoben, das Papst Franziskus und Großimam Ahmad al-Tayyib 2019 gemeinsam unterzeichnet haben. Es wurde daran erinnert, dass das Potenzial, das dem Begriff der Geschwisterlichkeit für ein vertieftes interreligiöses Miteinander innewohnt, vielfach noch nicht ausgeschöpft worden sei. Hinsichtlich der Weitergabe des Glaubens an junge Christen und Muslime in Deutschland wurden bei dem Gespräch nicht nur die Herausforderungen, sondern auch die Chancen einer säkularen und pluralen Lebenswirklichkeit thematisiert.
Auch die dramatische Situation im Nahen Osten beschäftigte die Teilnehmer des Treffens. Gemeinsam stellten die katholischen und muslimischen Repräsentanten fest: „Wir verurteilen die perfiden Terrorattacken der Hamas vom 7. Oktober 2023 und rufen zu einer raschen Freilassung der Geiseln auf. Unsere Gebete gelten den vielen Zivilisten in Israel und Palästina, die den Tod gefunden haben und verwundet wurden. Das Existenzrecht Israels steht für uns ebenso außer Frage wie das Recht der Palästinenser auf ihren eigenen Staat. Die humanitäre Lage in Gaza schreit zum Himmel. Das Blut unschuldiger Zivilisten darf nicht länger vergossen werden. Wir treten für einen Friedensprozess ein, der diesen Namen verdient. Ein dauerhaftes Ende der Gewalteskalation im Nahen Osten wird es nur durch einen gerechten Frieden zwischen Israelis und Palästinensern geben. Die Gefahr ist groß, dass der Krieg im Nahen Osten auch die Beziehungen zwischen den Religionsgemeinschaften in Deutschland beschädigt. Den aufflammenden Antisemitismus und die wachsende Islamfeindlichkeit nehmen wir mit Sorge wahr. Gemeinsam treten wir für Toleranz und Frieden ein. Wir verurteilen Übergriffe auf jüdische und muslimische Gotteshäuser. Mit Entschiedenheit engagieren wir uns für eine gemeinsame Zukunft jüdischen, christlichen und muslimischen Lebens und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land.“
DBK
Foto: © Deutsche Bischofskonferenz/Kalbarczyk