Münster (KNA) Nach Ansicht des islamischen Theologen Mouhanad Khorchide kann und muss der Islam reformiert werden. “Wir haben innerislamischen Gesprächsbedarf, vor allem im Hinblick auf die Gewalt”, sagte er am Montagabend in Münster.
Den Islam schlechthin gebe es nicht, sondern nur Auslegungen des Islam. Damit er zeitgemäß bleibe, müsse der Islam heute neu interpretiert werden, so der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster. Khorchide betonte, der Koran sei nicht das direkte Wort Gottes, sondern ein Medium der Kommunikation. Daher spreche der Text des Koran nicht von selbst zum Gläubigen, sondern müsse ausgelegt werden. “Wir brauchen eine Reform, um zu zeigen: Es gab auch andere Rechtsschulen und Erklärungsmuster”, so der Theologe. Damit bleibe der Islam lebendig.
Der Politikwissenschaftler und Publizist Hamed Abdel-Samad wies entschieden zurück, dass es im Islam eine Reform oder gar Reformation geben könne. “Wir werden nie eine Person oder Institution finden, die dort Reformen aufnehmen oder umsetzen kann”, sagte der Islamkritiker.
Weiter führte er aus, dass von 53 islamischen Staaten der Erde keines frei von Islamismus oder Terrorismus sei. Abdel-Samad warf Khorchide vor, er vertrete keinen authentischen Islam, sondern lese den Koran durch die Augen eines christlichen Theologen. “Wir müssen weg von der Autorität des Textes und vom islamischen Gottesbild”, forderte er. Khorchides Islam-Bild sei zwar sympathisch, aber “aus Not und Verlegenheit entstanden, weil wir hier im Westen leben”. Den “wahren Islam” habe es nie gegeben. “Die islamische Theologie darf die Zukunft nicht in der Vergangenheit suchen”, mahnte AbdelSamad. “Wir müssen Lösungen von heute finden, aber der Islam ist immun gegen Reformen.” Khorchide und Abdel-Samad stellten bei einer Diskussion zum Thema “Ist der Islam noch zu retten?” Thesen vor, die sie in einer “Streitschrift in 95 Thesen” niedergelegt haben. Diese erscheint demnächst im Buchhandel.
(KNA – rkoko-89-00029)