Hamburg (KNA) Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) hält den Kirchen vor, das Thema Islam zu sehr dem Staat zu überlassen und selbst in der Debatte kaum aktiv zu sein.
Er selber hätte gern noch mehr Zeit für die intensive Befassung mit dem Islam, sagte der evangelische Politiker in einem Interview der Wochenzeitung “Die Zeit” (Mittwoch). Kritik übte er auch an kirchlichen Positionen zum Asylrecht. Konkret wünsche er sich etwa mehr Wortmeldungen der Kirchen zu strittigen Fragen wie, was Christentum und Islam verbinde, wie ein aufgeklärter europäischer Islam aussehen solle und wo die Religionsfreiheit ende. Er selbst werde beim am Mittwoch beginnenden Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin ein Podium mit dem Großscheich der Kairoer Al-Azhar-Universität, Ahmed al-Tajjib, bestreiten, sagte der Minister.
Er freue sich darauf, frage sich aber, warum das kein Theologe tue. Mit Blick auf das Asylrecht hielt de Maiziere den Kirchen vor, es sich zu leicht zu machen. Sie drückten sich, wenn es um die “harte Seite des Asylrechts”, also um Rückführung und Abschiebung, gehe. “Ich vermisse bei einigen Kirchenvertretern die volle Akzeptanz des Asylverfahrens. Es hat im Rechtsstaat nur zwei mögliche Ergebnisse: Schutzbedarf oder kein Schutzbedarf. Wenn selbst die Härtefallkommission eine Abschiebung nicht ablehnt, dann ist deren Umsetzung genauso wichtig wie die Integration Schutzbedürftiger”, sagte der Minister. In einem Rechtsstaat müsse es neben der Willkommenskultur auch Akzeptanz für eine Abschiebekultur geben.
Ausdrücklich betonte der CDU-Politiker, er stehe zur Vereinbarung mit den Kirchen zum Kirchenasyl. Wenn aber eine Abschiebung erfolge, dann “ist das nichts anders als der Vollzug geltenden Rechts – und keine Bosheit des Staates. Wer das behauptet, macht es nicht nur Politikern schwer, nicht nur Richtern und Polizisten, er stellt das ganze System infrage”. De Maiziere fügte hinzu, er habe durch Besuche bei Flüchtlingsinitiativen, in Integrationskursen und Erstaufnahmeeinrichtungen Kontakt zu einzelnen Flüchtlingen oder Flüchtlingsfamilien. “Da sind oft schwere individuelle Schicksale, die mich als Christ berühren. Aber als Innenminister kann für mich nur das Gesetz gelten.”
(KNA – rkpmn-89-00070)