Liebe Leserinnen und Leser,
die Brandkatastrophe von Ludwigshafen und die nachfolgenden Verstimmungen zwischen Deutschen und Türken haben uns auf beängstigende Art und Weise vor Augen geführt, wie fragil das deutsch-türkische Verhältnis ist. Henrik Broder meinte in einer Talkshow, dass es in keiner anderen Einwanderungsgesellschaft weltweit vorkomme, dass sich Migranten und die Mehrheitsgesellschaft gegenseitig so verachten wie Türken und Deutsche.
Vor diesem Hintergrund hatte dann auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck zwei Tage nach der Katastrophe die Aussage gemacht, dasses keinerlei Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Anschlag auf das von türkischen Familien bewohnte Haus gebe. Beck war sichtlich bemüht, ein vorschnelles Aufkeimen von Ängsten vor fremdenfeindlichen Umtrieben unter den Türken in Deutschland einzudämmen.
Hierfür wurde er jedoch kurz darauf massiv von Wortführern der türkischen Gemeinde in Deutschland gerüffelt. Der Sprecher des Dachverbandes der Türkisch-Islamischen Union (DITIB), Bekir Alboga, der zugleich auch der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland (KRM) war, kritisierte den Ministerpräsidenten: »Brandstiftung auszuschließen, bevor die Ermittlungen beendet sind, ist eine völlig falsche Botschaft an die Öffentlichkeit. Man darf nicht von vorneherein behaupten, dass ein Anschlag nicht in Frage komme. Die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Anschlag war, ist eine der höchsten.« Der Vizepräsident der Islamischen Föderation in Berlin, Burhan Kesici, und türkische Medien äußerten sich in ähnlicher Weise.
Wir wissen heute, dass Alboga, Kesici und alle, die Öl ins Feuer gegossen haben, Unrecht hatten und die Brandursache von den Bewohnern selber verschuldet war. Was ich vermisse, ist ein Wort des Bedauerns von den Wortführern, die, statt die Wogen zu glätten, zum Aufheizen der Stimmungen beigetragen haben. Was unmittelbar nach der Brandkatastrophe das Gebot der Stunde gewesen wäre, nämlich zu Loyalität und Unvorgenommenheit aufzurufen, wurde ins Gegenteil verkehrt. Das deutsch-türkische Verhältnis, und damit auch … ein Teil des christlich-islamischen Dialogs, wurde in den Tagen nach der Brandkatastrophe von Ludwigshafen schwer beschädigt. Es ist dringend nötig, diesen Schaden so schnell wie möglich wieder zu beheben.
Inhaltsverzeichnis
Editorial 2
Studien
»Es gibt keinen Zwang in der Religion«: Islam und Religionsfreiheit
von Patricia Crone 4
»Die Muslime beten mit uns den einen Gott an« (Lumen Gentium 16): Zur Frage gemeinsamen Betens von Christen und Muslimen
von Christian W. Troll SJ 10
Das Thema Islam im Religionsunterricht: Dialoghindernisse erkennen und überwinden
von Manfred Riegger 17
Dokumentation
Botschaft des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog zum Ende des Ramadan 2007 A.D. 22. Grußbotschaft des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, zum Fastenbrechen 2007 24
Bericht
Vielfalt und Sprachprobleme: Drei Wochen als Praktikantin im türkischen Präsidium für Religionsangelegenheiten
von Kerstin Schweizer 36
Buchbesprechungen
Theresia Hainthaler: Christliche Araber vor dem Islam. Verbreitung und konfessionelle Zugehörigkeit – Eine Hinführung
von Alexander Toepel 25
Joachim Gnilka: Die Nazarener und der Koran. Eine Spurensuche
von Timo Güzelmansur 26
Zeitschriftenschau 27