Liebe Leserinnen und Leser,
Papst Benedikt XVI. reiste vom 14. Bis 16. September dieses Jahres in den Libanon, eine der politisch schwierigsten Regionen der Welt. Angesichts der vielen politischen und religiösen Probleme in der Region und vor allem des erstarkten Bürgerkriegs in Syrien, sagte der Papst auf dem Weg in den Libanon: „Ich weiß, dass, wenn eine Situation schwieriger wird, es umso nötiger ist, ein Zeichen der Brüderlichkeit, der Ermutigung und der Solidarität zu setzen. Und so ist das die Bedeutung meiner Reise: zum Dialog, zum Frieden gegen die Gewalt einzuladen, gemeinsam weiter nach Lösungen der Probleme zu suchen“.
Wie dringend dieser Dialog angesichts der Gewalt nötig ist, zeigte ein Ereignis, das beinahe zeitgleich mit der Papstreise in den Libanon geschah. Mitte September wurden wir alle wieder Zeugen von Bildern wütender Menschenmassen in den Straßen von Pakistan, Afghanistan, Libyen und anderenorts, die gegen einen im Internet aufgetauchten Filmausschnitt namens „Innocence of Muslims“ demonstrierten. Offensichtlich hatten die Macher dieses kaum ernstzunehmenden und dämlichen Filmstreifens ihre Ziele erreicht, nämlich die muslimischen Gemüter zu beunruhigen und zu provozieren. Doch die gewalttätigen Reaktionen, bei denen Botschaften westlicher Staaten in Brand gesteckt und Menschen getötet wurden, haben ebenfalls gezeigt, dass auch hier Provokateure am Werk waren. Denn obwohl kaum einer der Demonstranten den Film gesehen hatte, wie es auch bei den Karikaturen aus Dänemark 2005 der Fall war, dauerte es erst ein paar Monate, bis in den Moscheen dagegen gehetzt wurde, damit die Menschen auf die Straßen gingen. Auch in Deutschland wurde – jedoch mehrheitlich friedlich – gegen diesen unsäglichen Film demonstriert und es wurden Stimmen laut, die ein Aufführungsverbot des Films verlangten.
Sind solche Produktionen, die – wie es scheint – nur darauf aus sind, zu provozieren, ein Ausdruck der Meinungs- und Religionsfreiheit? Oder sollte man sie nicht besser verbieten, damit der öffentliche Friede gewahrt bleibt? Obwohl die Religionsfreiheit hierzulande nicht als ein schrankenloses Recht gilt, sollten Anhänger einer Religion mit solchen Provokationen gelassener umgehen. Andererseits ist es aber auch nicht klug, sich von einer kleinen Gruppe vor den Karren der Religionsfreiheit spannen zu lassen, wenn diese mit allen Mitteln diesen Film vorführen möchte. Hier ist politisches Gespür verlangt, damit jeder zu seinem Recht kommt, das ihm zusteht, und nicht die bestehenden Gesetze missbraucht werden. Die Verantwortlichen in den Religionsgemeinschaften haben die Aufgabe, für eine Kultur der Gelassenheit zu werben, damit wir nicht mit Schlagstöcken, sondern mit Argumenten gegen solche Provokationen vorgehen können. Dies ist umso wichtiger, als sich in letzter Zeit die Stimmung zwischen verschiedenen Religionen, aber auch zwischen religiösen und nicht religiösen Mitgliedern der Gesellschaft verschärft hat, wie zum Beispiel die Debatte um die Rechtmäßigkeit religiös begründeter Beschneidung zeigt.
Bei seiner Reise in den Libanon bezeichnete sich Papst Benedikt XVI. „als Pilger des Friedens, als Freund Gottes und als Freund der Menschen“. Lassen wir uns davon inspirieren und uns gegenseitig zum Frieden ermutigen.
Salâm ’alaykum!
Ihr
Timo Güzelmansur
Inhaltsverzeichnis
Editorial
Studien
Pastorale Initiativen in bedrängter Lage
von Klaus Vellguth, Aachen 92
Grundlagen und Modelle islamkonformer Finanzgeschäfte
von Matthias Böhm, Mainz 98
Die „Burg Gottes“: Seelenmitte der Derwische
von Alberto Fabio Ambrosio OP, Istanbul 105
Dokumentation
Die jungen Christen und Muslime zur Gerechtigkeit und zum Frieden erziehen
Botschaft des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog zum Ende des Ramadan,
‘Id al Fitr 1433 H./2012 113
Gottes Barmherzigkeit für alle Menschen erfahrbar machen
Grußbotschaft des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz
zum muslimischen Fastenmonat 2012 115
Grußwort des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
zum islamischen Fastenmonat Ramadan 2012 116
Grußbotschaft des Bundespräsidenten zum Fest des Fastenbrechens 2012 117
Berichte
Gesellschaft gemeinsam gestalten – Junge Muslime als Partner
Bericht über einen Projekt-Workshop 118
Die Beratungsstelle „Radikalisierung“ im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Wenn Angehörige nicht mehr weiterwissen … 120
Buchbesprechungen
HEINZMANN, Richard/SELÇUK, Mualla/KÖRNER, Felix (Hrsg.), Menschenwürde
HEINZMANN, Richard/SELÇUK, Mualla (Hrsg.), Das Verhältnis von Religion und Staat
HEINZMANN, Richard/SELÇUK, Mualla (Hrsg.), Monotheismus in Christentum und Islam
HEINZMANN, Richard/SELÇUK, Mualla (Hrsg.), Offenbarung in Christentum und Islam
von Rüdiger Braun, Erlangen-Nürnberg 122
HILSCHER, Anja, Imageproblem. Das Bild vom bösen Islam und meine bunte muslimische Welt
von Matthias Böhm 124
Literaturhinweise 126
Neuanschaffungen der CIBEDO-Bibliothek 128
Zeitschriftenschau 130