Liebe Leserinnen und Leser,
„Frieden ist ein Geschenk“ und „Dialog ohne Freundschaft ist kein Dialog“ – das sind nur zwei Sätze von Papst Franziskus während seiner Pilgerreise ins Heilige Land vom 24. bis 26. Mai 2014. Das Bild der Freundschaft wird eindrucksvoll in der Szene demonstriert, in der Franziskus und seine Mitpilger, ein Rabbiner und ein Islamgelehrter, sich vor der Klagemauer umarmen. Das Bild zeigt zwar keine Gesichter, aber aufgrund der Kopfbedeckungen ist ersichtlich, dass es sich um Vertreter der drei Religionen Judentum, Christentum und Islam handelt. Dieses symbolische Bild macht Hoffnung, dass die Freundschaft unter den Mitgliedern der Religionen wächst und sie sich für mehr Frieden in der Welt einsetzen. Es ist auch eine Frucht des Besuches im Heiligen Land, dass die Einladung des Papstes von den Präsidenten Peres und Abbas angenommen wurde und im Vatikan ein Friedensgebet stattgefunden hat – dies zeigt, dass die Religionen ihre Botschaft vom Frieden stärker in den Vordergrund stellen sollten.
Die katholische Kirche führt ihren Dialogauftrag beharrlich, kontinuierlich und hoffnungsvoll aus, und so feiert ihr offizielles Dialogorgan, der Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog, an Pfingsten sein 50-jähriges Gründungsjubiläum. In der Kirchengeschichte sind 50 Jahre zwar eine kurze Zeit, aber dem PCID ist es gelungen, Dialogprozesse weltweit erfolgreich zu koordinieren und zahlreiche Initiativen anzustoßen und zu begleiten. Die vielen Konferenzen, Projekte, Gespräche, Studientage und Veröffentlichungen geben ein eindeutiges Zeugnis davon, wie lebendig diese Aufgabe von der katholischen Kirche wahrgenommen wird.
Zeitgleich mit der Pilgerreise des Papstes ins Heilige Land machten sich in Deutschland zehntausende Pilger auf den Weg nach Regensburg zum 99. Katholikentag. Das beachtliche Programm beinhaltete auch zahlreiche Podien, Werkstätten, Gespräche und Veranstaltungen im Zentrum für den christlich-jüdischen und christlich-islamischen Dialog, bei denen sich die Teilnehmenden vom gut etablierten und sachlich geführten interreligiösen Dialog inspirieren lassen konnten, der mittlerweile zum festen Bestandteil der Katholikentage gehört.
Die Realität und Normalität der religiösen Pluralität in Deutschland zeigten sich nicht nur anhand des Katholikentagsprogramms, sondern auch daran, dass „ein Kind von Einwanderern an die Verkündung des Grundgesetzes erinnert, das noch dazu einer anderen als der Mehrheitsreligion angehört. Es gibt nicht viele Staaten auf der Welt, in denen das möglich wäre. Selbst in Deutschland wäre es vor noch gar nicht langer Zeit, sagen wir am 50. Jahrestag des Grundgesetzes, schwer vorstellbar gewesen, dass ein Deutscher die Festrede im Bundestag hält, der nicht nur deutsch ist“, so Navid Kermani in seiner Rede zur Feierstunde „65 Jahre Grundgesetz“ am 23. Mai im Deutschen Bundestag.
In einer Zeit, die von Polarisierung geprägt ist, sind die oben erwähnten Entwicklungen wohltuende Zeichen des friedlichen Zusammenlebens. Papst Franziskus sagte bei seiner Ansprache während seines Besuchs beim Großmufti von Jerusalem, Muhammad Ahmad Hussein, folgende auch für den christlich-islamischen Dialog programmatischen Worte:
„Achten und lieben wir einander als Brüder und Schwestern!
Lernen wir, das Leid des anderen zu verstehen!
Niemand gebrauche den Namen Gottes als Rechtfertigung für Gewalt!
Arbeiten wir gemeinsam für die Gerechtigkeit und den Frieden!“
Timo Güzelmansur
Inhaltsverzeichnis
Studien
Risiko und Widerstand – 50 Jahre interreligiöser Dialog in der katholischen Kirche
von Damian Howard SJ, London 52
Der islamische Humanismus – Denkanstöße von AbÚ ¼Ámid al-³azÁlÍ
von Emmanuel Pisani OP, Montpellier 60
Christlich-muslimische Eheschließungen – Reflexionen und Hinweise
von Rabeya Müller, Köln 67
Dokumentation
Christenverfolgung im Nahen Osten.
Mitteilung der Versammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes und der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden 71
Gemeinsam Brücken bauen.
Auszüge aus der Ansprache des jordanischen Königs Abdullahs II. 73
„Lernen wir, das Leid des anderen zu verstehen!“.
Ansprache von Papst Franziskus anlässlich seines Besuches beim Großmufti von Jerusalem 75
Anrufung des Friedens.
Ansprache von Papst Franziskus 77
„Sendung mit erneuertem Elan fortführen“.
Botschaft von Papst Franziskus zum 50. Gründungstag des Dikasteriums für den Dialog mit den Religionen 79
„Ihre einzige Religion ist die Missachtung der Menschenwürde“.
Verurteilung der Entführung der nigerianischen Schülerinnen durch Dr. Dalil Boubakeur 81
65 Jahre Grundgesetz.
Rede von Dr. Navid Kermani zur Feierstunde „65 Jahre Grundgesetz“ 82
Berichte
Zwischen Glaube und Wissenschaft – Theologie in Christentum und Islam
Bericht zum zehnten Theologischen Forum Christentum – Islam
von Thomas Würtz 84
Übersetzen – Sprache finden – Dialog leben.
Bericht zur „Christlich-Islamischen Frühjahrsakademie“ der Eugen-Biser-Stiftung
von Sr. Monika Amlinger und Julia Winterboer 87
Lebenswenden/Jahreswenden im Spiegel des Glaubens.
Bericht über ein christlich-muslimisches Jugendprojekt in Freistadt (Oberösterreich)
von Michaela Neulinger 90
Buchbesprechungen
Renz, Andreas: Die katholische Kirche und der interreligiöse Dialog. 50 Jahre „Nostra aetate“ – Vorgeschichte, Kommentar, Rezeption
von Joachim Schmiedl 93
Literaturhinweise 94
Neuanschaffungen der CIBEDO-Bibliothek 96
Zeitschriftenschau 98