Berlin (KNA) Der UN-Experte Heiner Bielefeldt sieht in den Religionen keine besondere Gefahr für die Menschenrechte. Zwar gebe es auch in deren Namen teilweise “enorme Widerstände” gegen die Grundrechte, sagte er am Dienstagabend in Berlin. “Es sind aber gerade nicht die weitgehend religionsfreien Zonen in Ostdeutschland, wo die Menschenrechte in Blüte stehen”, betonte Bielefeldt bei einer Veranstaltung in der Katholischen Akademie.
Bielefeldt ist UN-Sonderberichterstatter über Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Die Durchsetzung der Menschenrechte verlange jeder Gemeinschaft viel ab, sagte er. Erforderlich sei eine hohe Bereitschaft zu Selbstkritik und Konflikten. So habe die katholische Kirche die Forderung nach Religionsfreiheit noch bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) “scharf zurückgewiesen”. Auch seither habe sie nur eine “partielle Flurbereinigung” ihrer Positionen zu den Menschenrechten vorgenommen. Als Defizite nannte Bielefeldt eine fehlende Zulassung von Frauen zum Priesteramt und die katholische Bewertung der Homosexualität.
Der Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz in der Bundespolitik, Prälat Karl Jüsten, erklärte, auch in beiden umstrittenen Fragen nehme die Kirche das Recht auf Religionsfreiheit in Anspruch. Insgesamt bewertete Jüsten das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland als beispielhaft geregelt. Dazu trage auch die maßvolle gesetzliche Regelung im Falle von Gotteslästerungen bei. Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, Daniel Botmann, forderte dagegen einen besseren rechtlichen Schutz vor religiös begründeten Beleidigungen. Solche Zuschriften erhalte der Zentralrat immer öfter. Zugleich “fallen sie durch alle Raster der Straftatbestände”, kritisierte Botmann.
Der Vorsitzende des Bundestags-Menschenrechtsausschusses, Michael Brand (CDU), räumte ein, der Straftatbestand der Blasphemie sei häufig ein “stumpfes Schwert”. Auch wenn die Justiz nicht alle Fälle dieser Art lösen könne, sei es wichtig, auch strafrechtlich Grenzen aufzuzeigen. “Religion darf nicht vogelfrei sein”, so Brand.
Der Marburger Islamwissenschaftler Mohammed Khallouk bemängelte ebenfalls einen Missbrauch der Pressefreiheit zur Beleidigung von Religionen. “Wie soll man in solchen Fällen Muslime vom Wert der westlichen Sicht auf die Menschenrechte überzeugen?”, fragte er. (KNA – qkmlq-89-00195)