Berlin (KNA) Amnesty International zeichnet ein düsteres Bild der Menschenrechtslage weltweit. Die internationale Staatengemeinschaft habe im vergangenen Jahr versagt, Lösungen für Krisen wie den Syrien-Konflikt zu finden und das Leid der rund 60 Millionen Flüchtlinge weltweit zu lindern, beklagte die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Selmin Caliskan, zur Veröffentlichung des Jahresberichts 2015/2016 am Mittwoch in Berlin. Während neue Konflikte hinzugekommen seien, seien ältere, etwa im Kongo, weiter ungelöst. “Es erschlägt einen, was im Bericht steht.”
In ihrem Überblick beschreibt die Organisation die Menschenrechtslage in 160 Ländern, darunter vorrangig Krisen- und Konfliktgebiete sowie große Staaten. In 122 Ländern habe es im vergangenen Jahr Fälle von Folter gegeben, und in 61 Staaten seien Demonstranten von den Sicherheitsbehörden inhaftiert worden, sagte Caliskan. Zudem sei in rund zwei Dritteln der Länder die Presse- und Meinungsfreiheit weiterhin eingeschränkt. “Mindestens 156 Menschenrechtsverteidiger sind im vergangenen Jahr in Haft gestorben”, so Caliskan.
Eritrea etwa sei einer der repressivsten Staaten der Welt. Der verpflichtende Militärdienst sei der Hauptgrund für eine Flucht und komme einer Zwangsarbeit gleich. Ein Fluchtversuch werde jedoch als Hochverrat angesehen und mit dem Tode bestraft, berichtete Caliskan.
Auch in Europa ist die Menschenrechtslage aus Sicht von Amnesty schlechter geworden. So beschränke die polnische Regierung die Meinungsfreiheit im Land massiv. Es sei erfreulich, dass die EU das beanstande, es müsse aber konsequenter verfolgt werden, forderte Caliskan.
Ebenso verletze die türkische Regierung “eklatant und regelmäßig” die Menschenrechte. Das halte die Bundesregierung und die EU aber nicht von einer Kooperation mit der Türkei ab, beklagte die Amnesty-Generalsekretärin. Die Bundesregierung habe die Menschenrechte bei ihrem Versuch, die Flüchtlingszahlen zu senken, aus dem Blick verloren.
Zugleich benannte Caliskan auch aus ihrer Sicht hoffnungsbringende Ereignisse. In Griechenland, Zypern, den USA und Irland hätten gleichgeschlechtliche Partnerschaften eine rechtliche Basis erhalten. Und die Willkommenskultur für Flüchtlinge in Deutschland sei ein ermutigendes Gegengewicht zur Asylpolitik der Bundesregierung.
(KNA – qkmmn-89-00146)