Münster (KNA) Der Grünen-Politiker Volker Beck kritisiert die inhaltliche Ausrichtung von islamischen Verbänden in Deutschland. “Unter dem Dach von Ditib oder Islamrat findet nicht nur Religion statt, sondern auch sehr viel türkische Politik”, sagte der religionspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion am Dienstagabend in Münster. Zentrales Identitätsmerkmal dieser Verbände sei bisher nicht ein theologisch begründetes Glaubensbekenntnis, sondern etwa ihr Verhältnis zur Türkei oder andere Herkunftsbezüge. “Voraussetzung für den Körperschaftsstatus, den die Verbände anstreben, ist aber die Organisation nach dem religiösen Bekenntnis”, sagte Beck bei einem Podium des Forschungsverbundes “Religion und Politik” an der Universität Münster. “Muslimisch sein ist eine religiöse Identität, türkisch sein ist es nicht.” Nach den Worten des Politikers üben Körperschaften öffentliches Recht aus und seien weitgehend staatlicher Aufsicht entzogen. Von daher sei zu fragen, ob der von der türkischen Religionsbehörde beeinflussten Ditib der Körperschaftsstatus eingeräumt werden könne. Die SPD-Politikerin Kerstin Griese forderte eine Debatte über Religionen. “Sonst gibt es Entfremdungstendenzen.” Notwendig seien offene Gespräche mit Muslimen etwa über die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, den Kampf gegen Fundamentalismus in den eigenen Reihen oder zur Einstellung zum Staat Israel. In Deutschland werde durch die Zuwanderung neben der Pluralität unter den Christen auch die Vielfalt des Islam wachsen, betonte die Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD-Bundestagsfraktion. Deshalb werde es künftig muslimische Wohlfahrtsverbände, Altenheime oder Kliniken geben. “Der Diskussion, die auf dem Weg dahin liegt, müssen wir uns unbedingt stellen”, forderte Griese. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und CDU-Politiker Thomas Sternberg nannte es wichtig, dass das Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften in Deutschland auf Kooperation angelegt sei. “Die im Grundgesetz festgeschriebene Religionsfreiheit gilt für alle Religionen, auch für den Islam”, betonte Sternberg. Der Münsteraner Politikwissenschaftler Ulrich Willems forderte die Parteien in Deutschland auf, Religionspolitik endlich zu einem zentralen Thema zu machen. Die Debatten um Moscheebau, Kopftuch, Kruzifix, Beschneidung oder Islamunterricht zeigten, wie sehr Religionsthemen polarisierten und kaum politisch gestaltet würden. Der Wissenschaftler forderte vielfältigere Möglichkeiten, um Religionsgemeinschaften als solche anzuerkennen. Und wer Ungleichheit abschaffen wolle, “muss den Muslimen und Konfessionslosen entgegenkommen und ihnen vergleichbare Möglichkeiten geben wie den Kirchen”.
(KNA – qkqmt-89-00149)