Liebe Leserinnen und Leser,
in diesem Jahr fand vom 25. bis 29. Mai der 100. Katholikentag in Leipzig statt. Es hat sich bewährt, dass seit mehreren Jahren im vielfältigen Programm auch interreligiöse Veranstaltungen angeboten werden. Die beiden Zentren für den christlich-jüdischen und christlich-islamischen Dialog bilden nun einen festen Bestandteil des Katholikentags und finden nicht mehr räumlich getrennt, sondern an einem Ort statt. Die vielfältigen Themen und Veranstaltungen werden zunehmend trialogisch vorbereitet und durchgeführt. Dadurch treten die verbindenden Elemente der drei Religionen zutage; es zeigt aber auch die hohe Professionalität und Kollegialität unter den Gesprächspartnern.
Somit sind die Katholikentage zu einer vermittelnden Instanz geworden, von der ein positives Signal für das Zusammenleben in einer religiös-pluralen Gesellschaft ausgeht. In Leipzig wurde auch die soeben veröffentlichte Erklärung des Gesprächskreises Christen und Muslime vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mit dem Titel „Keine Gewalt im Namen Gottes! Christen und Muslime als Anwälte für den Frieden“ vorgestellt. Es ist gerade in diesen Zeiten wünschenswert, das interreligiöse Engagement sichtbar zu machen und in einer dialog-kompatiblen Haltung Positives sowie Kritikwürdiges zur Sprache zu bringen.
„Wir haben gemeinsame Glaubensüberzeugungen und moralische Werte“, betonte eine von Muslimen und Christen gemeinsam formulierte Abschlusserklärung bei einem Treff en in Rom. Der Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog organisierte zum vierten Mal eine Tagung vom 3. bis 4. Mai mit dem Königlichen Institut für Interreligiöse Studien in Amman/Jordanien. „Wir glauben an die humanisierende und zivilisierende Rolle unserer Religionen“, und weiter heißt es, „wir glauben, dass Gott jede Person mit Würde und unveräußerlichen Rechten ausgestattet hat“.
Schließlich halten beide Gesprächspartner fest: „Wir verleihen unserer Nähe und Solidarität mit all jenen Ausdruck, die leiden – vor allem mit jenen, die unter Gewalt und bewaffneten Konflikten leiden. Respekt vor dem Völkerrecht sowie Dialog, Gerechtigkeit, Gnade und Mitgefühl sind Werte und adäquate Mittel, um Frieden und Harmonie zu erreichen.“ Diese solidarische Einstellung und diese positive Haltung zu den Grundrechten schaffen eine Welt, in der wir gemeinsam leben können. Wir haben keine tragfähige Alternative zum Dialog mit allen Menschen guten Willens.
Nach 30 Jahren als Bischof von Mainz und nach langjährigem Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz ging Karl Kardinal Lehmann am 16. Mai 2016 in den Ruhestand. Er ist ein großer Förderer des interreligiösen Dialogs und hat viele wichtige Impulse für das Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen in unserem Land gegeben. Eine Stimme für den Dialog verabschiedet sich aus der Öffentlichkeit. Wir von CIBEDO sagen ein ganz herzliches Vergelt’s Gott für die Unterstützung und Gottes Segen für den verdienten Ruhestand!
Viel Freude bei der Lektüre dieses Heftes!
Ihr Timo Güzelmansur
Inhaltsverzeichnis
Studien
Zwischen Gewalt und Frieden. Die Ambivalenz der Religionen in politischen Konflikten
Dirk Ansorge 42
Das Reich des Friedens. Die Prophetie Jesu im Horizont der Heiligen Schrift
Thomas Söding 51
Zeit und Geschichte in islamischen Wissenstraditionen: Zustandhaftigkeit als Modus der Zeitorganisation
Armina Omerika 60
Dokumentation
Frieden durch Dialog
Papst Franziskus, 6. Mai 2016 67
Begegnung – Teilhabe – Integration
Gemeinsames Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche 2016 69
„Dialog bedeutet, mit dem Wort aus uns selbst herauszugehen , um das Wort des anderen zu hören“
Abschlusserklärung, Päpstlicher Rat für Interreligiösen Dialog und Königliches Institut für Interreligiöse Studien, 7. Mai 2016 71
Berichte
Im Deutschen Bundestag : Bericht zur Grundsatzrede des Großscheichs der Kairoer Azhar-Universität
Sebastian Prinz 72
Kritik, Widerspruch, Blasphemie. Anfragen an Christentum und Islam
Tim Florian Siegmund, Christian Seitz 74
Identitätsprozesse junger Muslime in Deutschland
Christina Weick 77
„Der ›Islamische Staat‹. Eine globale Bedrohung“
Sebastian Prinz 79
Buchbesprechungen
Khorchide, Mouhanad: Gott glaubt an den Menschen. Mit dem Islam zu einem neuen Humanismus
Tobias Specker SJ 81
Middelbeck-Varwick, Anja/Tatari, Muna (u. a.) (Hg.): Armut und Gerechtigkeit. Christliche und islamische Perspektiven
Matthias Böhm 82
Literaturhinweise 85
Zeitschriftenschau 86
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