Regensburg (KNA) Die Zukunft der Welt hängt laut Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller vom Frieden zwischen Muslimen und Christen ab. Der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation kritisierte am Dienstagabend in Regensburg jegliche Rede von “religiöser Gewalt” als “gedankenlos” und “Widerspruch in sich selbst”. Gott habe keinen Gefallen an destruktiver Gewalt und terroristischen Handlungen. Niemals könne ein Krieg “heilig” und damit “gottgefällig” sein. Denn die Verbreitung des Glaubens könne nur durch Einsicht und Freiheit erfolgen. Der Kardinal zitierte aus der ersten Sure des Koran. Dort heiße es “Im Namen Gottes, des sich Erbarmenden, des Barmherzigen”. Wer diese Worte auf sich wirken lasse, könne niemals Verbrechen gegen die Menschheit begehen. Müller äußerte sich bei einem Vortrag im Regensburger Dom zur vor zehn Jahren gehaltenen Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. und zu den daraus entstandenen kontroversen Debatten. Diese Vorlesung sei ein “Diskurs von prophetischer Kraft und Wahrheit” gewesen und das “rechte Wort zur rechten Zeit am rechten Platz”, so Müller, der damals Bischof von Regensburg war. Benedikt XVI. hatte in seiner Ansprache 2006 aus einem Dialog zwischen dem byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaiologos und einem persischen Gelehrten über Christentum und Islam zitiert. In diesem Dialog geht es um Glaube und Vernunft, was auch das Thema der Papstrede war. Unter anderem sagt der Kaiser in dem Gespräch, dass Gott “keinen Gefallen am Blut” habe und dass es dem “Wesen Gottes zuwider” sei, nicht “vernunftgemäß zu handeln”. Zum Glauben könne man nicht mit Gewalt und Drohung führen. Für Irritationen sorgte damals ein weiteres von Benedikt XVI. angeführtes Zitat von Manuel II.: “Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten.” In der Folge kam es zu Unruhen in der islamischen Welt, in Somalia wurde sogar eine Ordensfrau ermordet. Ein “Halbsatz”, so Kardinal Müller, sei damals herausgerissen und skandalisiert worden. Dagegen hätten 138 islamische Gelehrte einen offenen Brief geschrieben an alle Christen und so das Angebot des Dialogs angenommen. Der emeritierte Papst selbst sagt in seinem jetzt erschienenen Interview-Buch “Letzte Gespräche”, er habe das Beispiel aufgegriffen, “weil mich der islamisch-christliche Dialog interessierte”. Die politische Bedeutung habe er allerdings “nicht richtig eingeschätzt”. Gewarnt davor, wie oft kolportiert worden sei, habe ihn aus seinem Umfeld allerdings niemand. Nach den entstandenen Irritationen korrigierte Benedikt XVI. noch im Herbst 2006 mehrfach den Eindruck, er habe sich das umstrittene Zitat des Kaisers zu eigen gemacht. Die anschließend vom Vatikan verbreitete schriftliche Fassung der “Regensburger Rede” enthält eine weitere distanzierende Erläuterung des damaligen Papstes.
(KNA – qktlo-89-00043)