Hamburg (KNA) Religion und Politik sollten nach Ansicht des islamischen Predigers Fethullah Gülen getrennt bleiben. “Ich habe Regime wie im Iran oder Saudi-Arabien nie gutgeheißen, wo Religionsführer die Politik bestimmen”, sagte der Gründer der umstrittenen Gülen-Bewegung der “Zeit” (Donnerstag). “Der Staat soll die Religion respektieren, ihre Ausübung erlauben – egal, um welche Religion es sich handelt”, betonte Gülen. “Wenn Glaubensüberzeugungen in die Gesetze eingehen, müssen sie mit den Menschenrechten in Einklang stehen.” Jeder Mensch, auch der Atheist, sei ein “Geschöpf Gottes”, so der Prediger weiter. “Wer andere angreift, weil sie nicht glauben, ist sich seiner selbst nicht sicher.” Mit Blick auf den Terror im Namen des Islam fügte Gülen hinzu, Muslime sollten sich davon klar distanzieren. “Gemeinden müssen sich fragen, warum sie es Terroristen so leicht machen, die Jugend anzusprechen.” Auf die Frage, wie er die gegenwärtige Situation des Islam beurteile, antwortete Gülen, er mache sich Sorgen. “Vielleicht haben wir Muslime etwas falsch gemacht. Vielleicht will Gott uns jetzt strafen. Gott weiß es, wir nicht.” Auf jeden Fall bräuchten die Muslime die Unterstützung der demokratischen Staaten, um die Probleme zu lösen. Die Gülen-Bewegung wird von der türkischen Regierung für den Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan verantwortlich gemacht. Der “Zeit” sagte Gülen, er fühle sich schikaniert. Er verurteile jeglichen Terror und habe auch den Putschversuch verurteilt, “während er sich ereignete”. Unter Verweis auf seine Kritiker fügte er hinzu: “Wer andere Menschen Terroristen nennt, obwohl sie Frieden predigen, ist selbst ein Terrorist.” In der Zwischenzeit beantragten laut Angaben der Zeitung einige hundert Anhänger der GülenBewegung Asyl in Deutschland. Die “Zeit” beruft sich dabei auf den Leiter der Stiftung “Dialog und Bildung” in Berlin, Ercan Karakoyun, der die Bewegung in Deutschland vertritt. Zugleich verzeichneten Schulen, die zum Netzwerk des islamischen Predigers in Deutschland gehören, vermehrt Abmeldungen von Schülern. So hätten in Stuttgart zum neuen Schuljahr 65 Eltern ihre Kinder von der BiL-Schule genommen. Viele Eltern würden von Nachbarn oder Verwandten unter Druck gesetzt. Es kursierten zudem unter anderem Boykottlisten mit Namen von Ärzten, Restaurantbesitzern und Geschäftsleuten, die angeblich mit der Gülen-Bewegung sympathisieren.
(KNA – qktms-89-00114)