Freiburg (KNA) Liberale Muslime werfen Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) vor, zu viele Zugeständnisse bei den großen Islamverbänden in Deutschland zu machen. So sei auf Druck dieser Verbände eine kritische Pressemitteilung des Innenministeriums abgemildert worden, heißt es in einem am Montag auf der Internetseite www.saekulare-muslime.de veröffentlichten Schreiben.
Der offene Brief ist von der deutsch-kurdischen Frauenrechtlerin Seyran Ates, dem Freiburger Reli-gionspädagogen Abdel-Hakim Ourghi, dem deutsch-kurdischen Politiker Ali Ertan Toprak sowie von dem marokkanischen Mediziner und Publizisten Mimoun Azizi unterzeichnet worden.
Laut “Bild am Sonntag” hatte das Bundesinnenministerium in der vergangenen Woche eine Presse-mitteilung zu einem Treffen mit den muslimischen Verbänden auf deren Druck überarbeitet und kriti-sche Zitate de Maizieres gestrichen.
Das Bundesinnenministerium erklärte am Montag auf Anfrage, dass einer gemeinsamen Presseer-klärung stets ein längerer Abstimmungsprozess vorausgehe, in dessen Verlauf es unterschiedliche Entwurfsfassungen gebe. Am Ende werde eine Mitteilung veröffentlicht, mit der alle Beteiligten ein-verstanden seien.
In ihrem offenen Brief wiederholen die liberalen Muslime ihre harsche Kritik an den Verbänden Zent-ralrat der Muslime, Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) sowie an der Islami-schen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG). Diese seien “reaktionär” und “islamistisch” und würden vom Ausland gesteuert. Zudem schürten sie Hass gegenüber Kurden und Aleviten.
“Wenn die deutsche Regierung den Kurs der konservativen Verbände weiterhin unterstützt, macht sie sich mitverantwortlich für eine Entfremdung der Muslime und ein Scheitern der Integration”, heißt es in dem Schreiben. Die Verbände seien türkisch dominiert und repräsentierten nicht die Mehrheit der “säkularen” und “aufgeklärten” Muslime in Deutschland.
In der Mitteilung des Bundesinnenministeriums von vergangener Woche hatten die muslimischen Teilnehmer und die Vertreter des Ministeriums ihr Anliegen bekräftigt, gemeinsam gegen Islamfeind-lichkeit, Rassismus und Antisemitismus vorzugehen. “Wir brauchen die muslimischen Verbände, wenn es darum geht, jungen Muslimen Orientierung zu geben und begrüßen, dass sie sich für die Deutungshoheit über den Islam einsetzen”, sagte de Maiziere laut Mitteilung. Zudem erklärten die Teilnehmer, dass über die Treffen von Ministerium und Verbänden hinaus öffentliche Debatten ge-plant seien.
(KNA – qlknl-89-00152)