Berlin (KNA) Eine aktuelle Studie fordert mehr Erziehungsarbeit an Schulen – insbesondere zugunsten von muslimischen Jugendlichen. “Im Bildungssystem muss zunehmend berücksichtigt werden, dass man es zu großen Teilen nicht mit fertig erzogenen Kindern zu tun hat, die nunmehr gebildet werden müssen”, heißt es in der Untersuchung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), über die die “Welt” (Online-Ausgabe Donnerstag) vorab berichtet. Pädagogen könnten so auch einem Abgleiten in radikale Szenen vorbeugen, schreiben die Autoren der Studie über “Muslimische Kinder und Jugendliche in Deutschland”. Der Soziologe Aladin El-Mafaalani und der Erziehungswissenschaftler Ahmet Toprak beschreiben darin die konkurrierenden Wertesysteme, denen muslimische Kinder und Jugendliche ausgesetzt seien: “Während in den traditionell-muslimischen Familien Autorität und Loyalität die dominierenden Werte darstellen, werden in der Schule Selbstständigkeit und Selbstdisziplin erwartet.” Das deutsche Schulsystem könne darauf bislang kaum reagieren; die betroffenen Jugendlichen suchten verstärkt nach Identifikationsmöglichkeiten. Hier setzten Salafisten und andere Radikale an, warnen die Experten. Salafistische Prediger gäben “einfache und klare Antworten auf die ‘scheinbar’ komplizierten und komplexen Fragen” der Jugendlichen. Sie teilten die Welt in Gut und Böse auf und präsentierten den Islam als klares Regelwerk, dem man nur folgen müsse. Der radikale Salafismus gilt als die am schnellsten wachsende extremistische Bewegung in Deutschland. Seine Anhänger sind überzeugt, dass der Islam und die Moderne sich nicht miteinander vereinbaren lassen. Auch eigne sich der Salafismus als Ausdruck von Protest und Provokation, heißt es in der Studie. Er werde als Gegenbewegung zu Kommerz und Konsum wahrgenommen und widerspreche “zwei zentralen Errungenschaften der deutschen Gesellschaft und der aufgeklärten und progressiven muslimischen Milieus: Aufklärung/Zivilisation und emanzipierten Geschlechterbildern”. Nach Berichten von Lehrern und Sozialarbeitern sei das Selbstbewusstsein “gerade der männlichen muslimischen Jugendlichen enorm gewachsen”, sagte die KAS-Koordinatorin für Bildungs-, Familien und Frauenpolitik, Christine Henry-Huthmacher, der Zeitung. Gerade angesichts der Flüchtlingsdebatte gelte es, genau hinzusehen und “daraus Schlüsse zu ziehen für die Arbeit in den Schulen”.
(KNA – rklmq-89-00009)