Expertin warnt vor Radikalisierung muslimischer Häftlinge

Hamburg (KNA) Die Extremismus-Expertin Claudia Dantschke fürchtet, dass sich mehr muslimische Häftlinge in deutschen Gefängnissen radikalisieren könnten. Im Interview mit tagesschau.de forderte sie am Sonntag mehr Sozialarbeiter und Pädagogen zur Prävention. Imame zur Deradikalisierung in die Justizvollzugsanstalten zu schicken, sei jedoch der falsche Weg. Dantschke arbeitet unter anderem am Zentrum Demokratische Kultur in Berlin für eine Beratungsstelle, die Angehörigen von militanten Dschihadisten sowie Aussteigern zur Seite steht. In Deutschland, so die Expertin, sei die salafistische Szene bisher zwar “nicht explizit angetreten, um im Gefängnis zu radikalisieren”. Doch wo es Kontakte gebe, seien gerade Inhaftierte, die wegen Kriminalität, Gewalt- oder Drogendelikten einsitzen, “leichte Ziele für die Rekrutierer”. Sie seien häufig gewaltbereit, frustriert über ihr Leben und wüssten wenig mit sich anzufangen. Dass einige Bundesländer verstärkt auf Imame setzen bei der De-Radikalisierung, sei “genau der falsche Ansatz”, kritisierte Dantschke: “Viele von denen, die sich radikalisiert haben, sind nicht auf der Suche nach Religion gewesen. Die wollten nicht den Islam finden, sondern die wollten Aufmerksamkeit, eine Weltdeutung, eine Zukunftsperspektive.” Imame seien aber keine Pädagogen, sondern nur für religiöse Seelsorge da und könnten daher in aller Regel keine De-Radikalisierer sein. Auch wenn die Zahl der Ausreisen in das IS-Gebiet zurückgegangen sei, sei die Gefahr nicht geringer geworden, betonte die Expertin. Und auch bei den ankommenden Flüchtlingen müsse man aufpassen, “ob nicht doch einige dschihadistische Organisationen versuchen, kleine Trupps mit einzuschleusen” Die Flüchtlingseinrichtungen müssten daher entsprechend ausgestattet werden, um bei Bedarf gegenzusteuern: “Man darf die Menschen, vor allem die Jugendlichen, nicht von früh bis spät Däumchen drehen lassen.”

(KNA – rknlm-89-00039)