Berlin (KNA) Vor dem Hintergrund der Spitzelvorwürfe gegen den deutsch-türkischen Moscheeverband Ditib pocht Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) auf einer sichtbaren Unabhängigkeit von äußeren Einflussnahmen. Das Heft des Handelns liege nun bei der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion, sagte der Minister am Dienstag in Berlin auf der letzten Deutschen Islamkonferenz (DIK) in dieser Regierungsperiode. Auf der Sitzung verabschiedete die DIK Empfehlungen für die muslimische Seelsorge an staatlichen Einrichtungen wie dem Strafvollzug und der Bundeswehr. Der Vorsitzende der Justizministerkonferenz, der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP), sprach sich für gemeinsame Standards in der Gefängnisseelsorge aus. Die Seelsorge sei dabei grundsätzlich von der ebenfalls nötigen Prävention vor Radikalisierungen zu trennen. Der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Erol Pürlü, betonte, dass es um ein “verbrieftes Recht” der Religionsgemeinschaften gehe. Die Seelsorge als Trost, Beistand und Orientierung für Kranke und Gefangene ergebe sich für Muslime aus der Barmherzigkeit Gottes. Sie sei aber von Ehrenamtlichen allein nicht mehr zu leisten. Auf der Grundlage von Empfehlungen sollen nun Länder und Kommunen in einer Arbeitsgruppe mit den Verbänden an einer entsprechenden Umsetzung arbeiten. Mit Blick auf die Auseinandersetzung mit der Türkei mahnte Pürlü zu “verbaler Abrüstung” und forderte, die muslimischen Mitbürger nicht in die Sache hineinzuziehen. Er bewertete die DIK als “konstruktiv und zielorientiert”. de Maiziere würdigte den institutionalisierten Dialog der DIK als “eine Errungenschaft, auf die man stolz sein kann und die man bewahren sollte”. Eine sinnvolle Fortsetzung hänge aber von ihrer Unabhängigkeit von äußerer Einflussnahme ab und der Loyalität der Teilnehmer zum deutschen Staat und seiner Gesellschaftsordnung. Der CDU-Politiker verwies darauf, dass sich die muslimische Gemeinschaft in Deutschland mit dem Flüchtlingszuzug verändere und stärker sunnitisch-arabisch und schiitisch-iranisch geprägt sei werde. Mit Blick auf Ditib sprach sich der Minister in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) trotz der Spitzelvorwürfe für die Fortsetzung des Dialogs aus; ein Abbruch würde “die Falschen” stärken. Er erinnerte zugleich daran, dass die Ditib “über Jahre ein sehr zuverlässiger und dialogfähiger Partner” gewesen sei. “Mit den Veränderungen in der Türkei gilt es nun, eine neue und schmerzliche Debatte zu führen.” Der Minister äußerte sich grundsätzlich besorgt über “das Thema der Fremdsteuerung durch andere Staaten und dass einige in Richtung Fundamentalismus ausfransen”. Als “sehr problematisch” bewertete der Minister dabei den finanziellen Einfluss aus Saudi-Arabien. Zwar habe die saudische Regierung versichert, keine Unterstützung zu geben. Gleichwohl flößen Gelder aus dem Land. “Das ist ebenso wenig zu akzeptieren wie eine Beeinflussung aus oder Abhängigkeit von der Türkei oder dem Iran.”
(KNA – rknlo-89-00123)