Göttingen/Kuala Lumpur (KNA) Rund zwei Monate nach der Entführung eines protestantischen Pastors in Malaysia wendet sich die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an Ministerpräsident Najib Razak.
Die Menschenrechtler appellieren an den Politiker, das Schicksal von Raymond Koh aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, wie es in einer Mitteilung am Mittwoch in Göttingen hieß. Bisher fehle von dem Geistlichen ein Lebenszeichen. “Viele Christen in Malaysia befürchten einen religiösen Hintergrund der Verschleppung. Denn der Pastor hatte zuvor Morddrohungen wegen vermeintlicher Missionierung von Muslimen erhalten”, heißt es in dem Schreiben der GfbV an den Ministerpräsidenten.
Seit mehreren Jahren klagten Christen “über wachsende religiöse Intoleranz in dem überwiegend muslimischen Land”. Nach Angaben der GfbV vermuten Christen, dass die Verschleppung ein “Vergeltungsakt” gewesen sein könnte. Denn der Pastor sei von radikal-islamischen Gruppen wegen seines Einsatzes für verarmte Muslime kritisiert und bedroht worden. Die Religionsgemeinschaften der Buddhisten, Hindus, Sikhs und Taoisten hätten “tiefe Besorgnis” über das Verschwinden Kohs geäußert. Sie werteten die Entführung als Zeichen für eine Verschlechterung des politischen Klimas gegenüber Nicht-Muslimen.
In der Vergangenheit hatten sich bereits die Kirchen in Malaysia “tief besorgt” über die Entführung geäußert. Koh war in Kelana Jaya, einer Nachbarstadt von Kuala Lumpur, auf offener Straße von fünf maskierten Männern gekidnappt worden. Seitdem fehlt von Koh jede Spur. Reverend Eu Hong Seng, Vorsitzender des ökumenischen Dachverbands Christian Federation of Malaysia (CFM), forderte in einer Presseerklärung von den Behörden eine “zügige und sorgfältige” Aufklärung des Entführungsfalls.
Malaysia ist ein mehrheitlich islamisches Land. Seit gut zehn Jahren sind malaysische Christen einer zunehmenden Diskriminierung durch konservative islamische Organisationen mit engen Verbindungen zur islamisch-nationalistischen Regierungspartei UMNO ausgesetzt.
(KNA – rkoln-89-00023)