Berlin (KNA) Der Islamismus-Experte Ahmad Mansour sieht Auseinandersetzungen um religiöse Themen als einen Grund für den Referendumserfolg des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. “Viele Türken nehmen Deutschland als islamfeindlich wahr und sehen sich diskriminiert”, sagte er der “Welt” (Mittwoch). Insofern hätten sie nicht nur über das politische System der Türkei abgestimmt, sondern sich auch auf die Debatten über Moscheen oder das Kopftuch bezogen. “Erdogans Schwarz-Weiß-Bilder kommen an, weil es den Menschen scheinbar bei der Komplexitätsbewältigung hilft”, sagte Mansour weiter.
Der türkische Präsident hatte vor dem Referendum am Sonntag von einem Kampf des Kreuzes gegen den Halbmond gesprochen. Eine knappe Mehrheit der Wähler votierte für eine Änderung der Verfassung. Sie räumt Erdogan deutlich mehr Macht als bisher ein. Auch viele Deutschtürken stimmten dafür. “Nationalistische und islamistische Einstellungen reichen viel tiefer als Wohlstand oder Bildung”, so Mansour. Zugleich sieht der Psychologe Nachholbedarf bei der Integration in Deutschland.
Für viele sei “Spracherwerb plus Arbeitsplatz minus Kriminalität gleich Integration. Das ist zu wenig.” Bindend sei das Grundgesetz. Mansour: “Was hilft uns jemand, der hier erfolgreich eine Firma gründet, perfekt spricht, nie kriminell wird und trotzdem seiner sechsjährigen Tochter das Kopftuch aufzwingt, seine Frau schlecht behandelt und die Mehrheitsgesellschaft als Ungläubige abwertet?”
(KNA – rkolt-89-00006)