Frankfurt/Main (KNA) Der Direktor des Jüdischen Museums Berlin, Peter Schäfer, hält die Idee einer “Fakultät der Theologien” von Christen, Muslimen und Juden in der Hauptstadt für realitätsfern.
Sie beruhe auf einem “Verständnis von Theologie, das vom Christentum bestimmt wird”, schreibt Schäfer in einem Gastbeitrag für die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (Mittwoch). Es berücksichtige zu wenig die Vielfalt der Theologien im Islam und Judentum. Die Idee einer bundesweit einmaligen “Fakultät der Theologien” stammt von evangelischen Theologieprofessoren der Humboldt-Universität (HU). Protestanten, Katholiken, Muslime und Juden sollen dort unter Wahrung ihrer Eigenständigkeit kooperieren. Ein Anlass für den Vorschlag ist die beschlossene Gründung eines Instituts für Islamische Theologie an der HU.
Noch ist nicht entschieden, ob es der Philosophischen oder der Evangelisch-Theologischen Fakultät zugeordnet wird. Schäfer kritisierte, die Verfechter eines solchen Fakultäten-Modells seien “vom staatskirchenähnlichen Charakter der christlichen Theologien in Deutschland geprägt”. Dies missachte jedoch die Situation in den anderen Religionen. Zwar weise der Islam in manchen Strömungen eine systematische Theologie auf, zumindest im orthodoxen und konservativen Judentum sei “Theologie” jedoch “hochproblematisch”.
Das Judentum verstehe sich nicht als eine Religion, die den rechten Glauben lehre, sondern als solche, die die richtige Praxis vermittle. “Welche Jüdische und welche Islamische Theologie wollte man also unter dem gemeinsamen Dach der Berliner Theologien vereinen?”, fragt Schäfer. Der Direktor des Jüdischen Museums nannte die Annahme naiv, “dass man angesehene orthodoxe oder konservative Wissenschaftler als Kollegen gewinnen könnte”. Wörtlich fährt er fort: “Wollte man sich somit ganz auf das liberale Judentum beschränken?” Damit würde ein wesentlicher Teil des Judentums ausgeschlossen. Ein “Stolperstein” sei zudem die Frage, wer “den” Islam an deutschen Universitäten vertreten dürfe. Weiter kritisierte Schäfer an dem “Traum von den einträchtig vereinten abrahamitischen Religionen”, dass er “die bestehenden säkularen Institute für Judaistik und Islamwissenschaft ignoriert”.
(KNA – rkplk-89-00094)