Friedensgutachter für mehr humanitäre Hilfe und Schutzzonen

Berlin (KNA) Die fünf führenden deutschen Friedens- und Konfliktforschungsinstitute haben mehr humanitäre Hilfe und eine internationale Debatte über Schutzzonen gefordert.

Solange es keine politische Lösung für die Kriege in Syrien und im Jemen gebe, seien Hilfsmaßnahmen von zentraler Bedeutung, heißt es in dem am Dienstag in Berlin vorgestellten “Friedensgutachten 2017”. Notwendig sei ferner eine Debatte über Schutzzonen. Die Herausgeber verurteilten deutsche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien, aber auch in die Türkei. Bruno Schoch von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) beklagte mit Blick auf Syrien ein “friedenspolitisches und -ethisches Dilemma”.

Einerseits bestehe die Verpflichtung zum Schutz der Zivilbevölkerung, andererseits könne völkerrechtlich allein der UNSicherheitsrat Zwangsmaßnahmen gegen einen souveränen Staat verhängen; dies aber verhinderten China und Russland bislang durch ihr Veto. Von zentraler Bedeutung seien Schutzzonen. Es gelte zunächst den Krieg “einzufrieren” und lokale Waffenstillstände durchzusetzen. Die Friedensforscher werfen Saudi-Arabien vor, den Bürgerkrieg im Jemen durch seine Luftangriffe zu verschärfen. Entgegen der neuen Politik der USA, “sich bedingungslos hinter Saudi-Arabien zu stellen”, empfehlen sie der Bundesregierung, ein politisches Signal zu senden und jeden Rüstungsexport dorthin zu verweigern.

Die Forderung von US-Präsident Donald Trump, die europäischen Nato-Staaten sollten massiv aufrüsten und besonders Deutschland “schulde” der Nato “riesige Summen”, weist das Gutachten als “inhaltlich nicht begründet” zurück. Deutschland solle davon Abstand nehmen, seinen Verteidigungshaushalt auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts zu steigern. Mehr Militärausgaben bedeuteten nicht mehr Sicherheit. Jochen Hippler vom Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) äußerte die Sorge, dass Trump versuchen könne, durch außenpolitische Abenteuer Entlastung vom innenpolitischen Druck zu suchen. Es wirke “destabilisierend”, dass der Schlüsselakteur außenpolitisch “Twitterpolitik aus der Hüfte” betreibe. Hippler warnten zugleich die EU, sich im Gefolge von Trump wieder zu einer “klassischen Großmachtpolitik” zuzuwenden.

Die Gutachter fordern in dem Bericht, dass die EU die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zu einer Krisenpräventionsagenda ausbaut. Diese solle neue Abrüstungsinitiativen ergreifen, erhebliche Mittel für den Aufbau von Mediationskapazitäten und Stabilisierung mobilisieren sowie UN-Friedensmissionen engagierter als bisher kollektiv unterstützen. Die nach 1989 erkennbare Bereitschaft zur internationalen Zusammenarbeit werde derzeit von neuer geopolitischer Mächtekonkurrenz verdrängt, beklagen die Gutachter. Die Aufrüstung der USA, Russlands und Chinas berge “ein gefährliches Eskalationspotenzial”, mahnen die Gutachter. Das Gutachten wird herausgegeben vom HSFK, dem Bonn International Center for Conversion, der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft, dem INEF und dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg.

(KNA – rkpnk-89-00117)