Brüssel (KNA) Die EU-Abgeordnete Renate Sommer (CDU) hat die Konfiszierung von aramäischem Eigentum im Südosten der Türkei scharf kritisiert.
“Die momentanen Verstaatlichungen von jahrtausendealtem urchristlichem Kulturerbe sind absolut beispiellos”, teilte Sommer am Montag in Brüssel mit. Mehr als 50 Kirchen und Klöster inklusive ihrer Grabanlagen und Friedhöfe seien an die türkische Religionsbehörde Diyanet übertragen worden, so Sommer. Die Abgeordnete erklärte, dieses Kulturerbe könne nun leicht an Dritte veräußert, in Museen oder auch Moscheen umgewidmet werden. “Ganz offensichtlich arbeitet die türkische Regierung daran, die Minderheit der Aramäer im Land nicht nur – wie schon seit Jahren – weiterhin zu drangsalieren, sondern regelrecht auszulöschen”, so Sommer.
Vor diesem Hintergrund sei es ein “Hohn”, dass die Türkei weiterhin offiziell darauf bestehe, Mitglied der EU zu werden. Sommer ist in der Fraktion der Europäischen Volkspartei für den Fortschrittsbericht zur Türkei zuständig, der Anfang Juli im Plenum abgestimmt werden soll. Unterdessen kritisierte auch der Bundesverband der Aramäer in Deutschland die Konfiszierung. “Die aktuellen überfallartigen Massenkonfiszierungen im Tur Abdin im Südosten der Türkei sind beispiellos und haben unvorstellbare Ausmaße angenommen”, teilte der Vorsitzende Daniyel Demir mit.
Die Lage sei “sehr komplex und undurchsichtig”, so Demir. Die Übertragung der mehr als 50 Kirchen und Klöster an die türkische Religionsbehörde Diyanet sei nur die “Spitze des Eisbergs”. In der Vergangenheit hatte der Verband bereits auf das Enteignungsverfahren des Klosters Mor Gabriel sowie die Beschlagnahmung des ehemaligen syrisch-orthodoxen Bischofssitzes, der St. Peter und Paul Kirche in Urfa, aufmerksam gemacht. Laut dem Bundesverband der Aramäer in Deutschland ist der Eigentumserwerb, Bau oder Erhalt von Kirchengebäuden mit “massiven” Schwierigkeiten und Hindernissen verbunden. Dies betreffe auch die Ausbildung von Priestern sowie Unterricht der aramäischen Sprache.
(KNA – rkqmq-89-00188)