Berlin (KNA) Migrationsforscher haben die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung heftig kritisiert.
Sie habe sich zumindest teilweise rechtspopulistische Forderungen zu eigen gemacht, sagte der Vorsitzende des Rats für Migration, Werner Schiffauer, am Freitag in Berlin bei der Vorstellung eines Manifests für eine zukunftsfähige Migrationspolitik. Dabei setzte vor allem das Bundesinnenministerium auf Abschreckung. Fortschritte, die mit Blick auf die Integration gemacht worden seien, würden rückgängig gemacht.
Von der CSU würden Menschen, die sich für eine faire Behandlung der Flüchtlinge und Integration einsetzten, als “gesinnungsethische Gutmenschen” diffamiert. Zu den Unterzeichnern des “Manifests für eine zukunftsfähige Migrations-, Flüchtlings- und Integrationspolitik” gehören neben Schiffauer der Direktor des Instituts für Soziologie der Freiburger Pädagogischen Hochschule, Albert Scherr, die Göttinger Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus und die Göttinger Kulturanthropologin Sabine Hess.
Die aktuelle Politik biete keine langfristigen, zukunftsfähigen Lösungen, sondern nur kurzfristige und widersprüchliche Antworten auf internationale Herausforderungen, so Schiffauer. Die Probleme würden lediglich über die EU-Außengrenzen hinweg verschoben. Nach Angaben von Scherr haben von den über 450.000 Menschen, die Ende 2016 als anerkannte Flüchtlinge in Deutschland lebten, 75 Prozent nur einen befristeten Aufenthaltstitel.
Damit seien Integrationshemmnisse vorprogrammiert, so der Soziologe. Seiner Auffassung nach wäre es sinnvoller, alle Menschen, die faktisch in Deutschland bleiben werden, nach drei Jahren einen unbefristeten Aufenthaltstitel zu geben. Die Migrationsexperten fordern in ihrem Manifest, “europäischer und globaler zu handeln”. National seien die Herausforderungen durch die Migration nicht zu lösen. Notwendig sei eine “politische Leitkultur”, die den Grund- und Menschenrechten verpflichtet sei. Die Politik müsse dafür sorgen, dass Einheimischen und Zugewanderten gleichberechtigt eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werde. Zudem dürften Debatten über Integration, Migration und Asyl nicht willkürlich vermengt werden.
Die Autoren forderten unter anderem den Aufbau eines Integrationsfonds für die Kommunen und die Aufstockung des Etats der UN-Flüchtlingshilfe. Weiter müssten legale Einwanderungswege für Bildungs- und Arbeitsmigration geschaffen werden.
(KNA – rktks-89-00043)