Liebe Leserinnen und Leser,
die Welt sehnt sich nach Frieden! In einer Zeit, in der religiös Verbrämte zunehmend gegen andere polarisieren und anderen ihre eigene Ideologie aufzuzwingen versuchen, scheint es sehr mühsam, Frieden zu halten und zu wahren.
Das ist aber kein Grund zur Resignation, sondern vielmehr dazu, die Stimme zu erheben und sich zu Wort zu melden. Ein Beispiel dafür ist der am 17. Juni in Köln gehaltene Friedensmarsch „#NichtMitUns. Muslime und Freunde gegen Gewalt und Terror“.
Die Veranstalter setzten damit ein Zeichen gegen die anhaltenden Gewalttaten an vielen Orten der Welt, nicht zuletzt auch hier in Europa. Ich halte diese Initiative, der sich namhafte Persönlichkeiten aus Gesellschaft und Politik sowie kirchliche Dialogakteure angeschlossen haben, für sehr wichtig, damit wir uns an Gewalt und Gewaltverherrlichung nicht gewöhnen und die Grenzen deutlicher markieren. Dass diese Initiative in die für die Muslime wichtige Zeit des Fastens, den Monat Ramadan, fällt, ist bedeutend. Dass aber die größeren muslimischen Verbände mit verschiedenen Begründungen, u. a. mit dem Hinweis auf den Ramadan, die Initiative nicht unterstützten, ist sehr bedauerlich.
Es wurde hier die Chance verpasst, die Stimme zu erheben und #NichtMitUns zu rufen. An dem Friedensmarsch beteiligten sich viele Nicht-Muslime, darunter wahrscheinlich sehr viele Christen. Gegenseitige Solidarität und Anteilnahme an Freud und Leid kennt keine unüberwindbaren Grenzen. So gibt der Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog seit 50 Jahren eine Grußbotschaft anlässlich der muslimischen Fastenzeit und des Ramadanfestes heraus. Sich gegenseitig zu religiösen Festen zu gratulieren und sogar an ihnen teilzuhaben, ist eine bewährte Tradition geworden.
Viele Christinnen und Christen werden zum Fastenbrechen in muslimische Gemeinden oder Familien eingeladen. Neuerlich sieht man Muslime in einigen deutschen Städten Zelte der Gastfreundschaft aufbauen, in denen jeder willkommen ist. Das sind ermutigende Zeichen des Zusammenlebens in einer religiös plural gewordenen Gesellschaft, gegen all diejenigen, die die Gesellschaft auseinanderdividieren wollen. Papst Franziskus wird nicht müde, bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs hinzuweisen. Er ermahnt und ermutigt alle Dialogakteure, sich entschieden auch für die Rechte der Anderen einzusetzen, damit wir in einer Welt gegenseitiger Achtung leben können. Er formulierte diesen Wunsch vor wenigen Wochen bei seinem Besuch in Kairo mit folgenden Worten: „Der wahre Gott ruft zur bedingungslosen Liebe, zur unentgeltlichen Vergebung, zur Barmherzigkeit, zur absoluten Achtung vor jedem Leben, zur Brüderlichkeit unter seinen Kindern, Gläubigen wie Nichtgläubigen.“ Wir alle können unseren Beitrag dazu leisten, damit diese Vision wahr werden kann.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Lektüre dieses Heftes!
Dr. Timo Güzelmansur
Inhalt
Studien
Gegenwärtige Impulse aus den nahöstlichen orthodoxen Kirchen für den christlichislamischen Dialog in Deutschland
Assaad Elias Kattan 50
„Das Wort und der Leib“ von Bischof Georges Khodr eingeleitet und aus dem Arabischen übersetzt von
Florian Jäckel 55
Christliche Theologie und religiöse Philosophie im Angesicht des Islam in Bagdad 750 –1000
Emilio Platti OP 62
Dokumentation
„Gott hat es nicht nötig, von uns Menschen beschützt zu werden“
Papst Franziskus, 28. April 2017 73
„Es gibt keine Minderheiten, nur Bürger“
Azhar-Deklaration, 1. März 2017 75
Der Dialog als Weg der Wahrheit und Aufrichtigkeit
Papst Franziskus, 28. April 2017 77
Berichte
Migration, Flucht, Vertreibung – Orte islamischer und christlicher Theologie
Ayşe Almıla Akca und Nora Kalbarczyk 80
„Friedensverantwortung der Religionen“
Timo Güzelmansur 84
Philosophie und Jurisprudenz in der islamischen Welt
Nora Kalbarczyk 87
Alevitentum im Gespräch mit Wissenschaft und Christentum
Martina Loth und Nora Kalbarczyk 89
„Scharia und Grundgesetz“
Nora Kalbarczyk 92
Terror als Herausforderung für die freie Gesellschaft
Sebastian Prinz 94
Buchbesprechungen
Lutz Berger: Die Entstehung des Islam. Die ersten hundert Jahre. Von Mohammed bis zum Weltreich der Kalifen
Thomas Würtz 96
Jürgen Neitzert: Muslime und Christen. Ein franziskanischer Blick auf den Islam
Timo Güzelmansur 97
Literaturhinweise 99
Zeitschriftenschau 100
Die CIBEDO-Beiträge können Sie über diesen Link beim Aschendorff-Verlag bestellen.