Von Michael Lenz (KNA) Bangkok/Manila (KNA)
Surigao del Sur, Philippinen, 24. Oktober 2017: Der 26 Jahre alte Journalist und Anwaltsgehilfe Christopher Iban Lozada wird von Unbekannten in seinem Auto erschossen. Gubat, Philippinen, 25. Oktober 2017: Unbekannte ermorden den 49-jährigen Aktivisten Edwin Pura, der Menschenrechtsverletzungen der Armee auf der Spur war. Zwei Morde in zwei Tagen untermauern einmal mehr den traurigen Ruf der Philippinen, eines der gefährlichsten Länder der Welt für Journalisten, Menschenrechts- und Umweltaktivisten zu sein. Doch auch in den anderen Ländern Südostasiens werden Journalisten und Menschenrechtler zunehmend zu einer gefährdeten Spezies. “Weltweit nehmen Anschläge auf die Meinungsfreiheit zu”, sagt Professor David Kaye, UN Sonderberichterstatter für Presse- und Meinungsfreiheit, in Bangkok der Katholischen NachrichtenAgentur (KNA). “Südostasien ist aber wahrscheinlich die am ärgsten betroffene Region.”
Für Repressionen im Namen der Religion und zur Bekämpfung politischer Gegner würden zunehmend auch Blasphemiegesetze benutzt, betont Kaye. Sie dienten “meist nicht dem Schutz von Religion, sondern der Unterdrückung von Minderheitsreligionen”. Seit diesem Jahr haben etwa im islamisch geprägten Pakistan die Behörden das Recht, auch in Sozialen Netzwerken Jagd auf angebliche Gotteslästerer zu machen. Instrumentalisiert werden auch Gesetze, die den Übertritt von der Mehrheitsreligion eines Landes zu anderen Religionen verbieten. Angehörige von Minderheitsreligionen werden zudem durch mehr oder weniger subtile Drohungen von Politikern und Polizei zum Schweigen gebracht. So wie im multireligiösen, aber mehrheitlich muslimischen Malaysia.
Die Polizei legte der Familie des im Februar entführten und seitdem spurlos verschwundenen evangelischen Pastor Koh nahe, nicht mit der Presse über den Fall zu sprechen. Beobachter in Kuala Lumpur gehen inzwischen davon aus, dass die staatlichen Islambehörden im Fall Koh eine tragende Rolle spielen. Die Behörden und islamisch-nationalistische Gruppierungen warfen Koh seit langem vor, unter dem Deckmantel der Hilfe für Menschen mit HIV und Aids Muslime zum Christentum zu bekehren. In den Gefängnissen des kommunistischen Vietnam sind derzeit mindestens zwölf Journalisten inhaftiert. Hinzu kommt eine große Zahl meist katholischer Blogger, die in dem religiös mehrheitlich buddhistischen Land wegen “staatsfeindlicher Propaganda” zu langen Haftstrafen verurteilt sind. Diese Gesinnungsgefangenen werden von dem Regime aber auch zynischerweise genutzt, das Image der Volksrepublik aufzupolieren. “Wenn wichtiger Besuch aus dem Ausland ansteht, wird manchmal ein Häftling freigelassen. Ist der Besuch weg, dauert es oft nicht lang, bis sie wieder verhaftet werden”, weiß Kaye.
Über die Lage im geradewegs in die Diktatur marschierenden Kambodscha sagt Kaye schlicht: “Die Meinungsfreiheit ist über Bord gegangen.” Kein gutes Haar lässt der UN-Experte auch an Myanmar. Nach einem anfänglichen Tauwetter zu Beginn der Reformpolitik 2012 nehmen die Repressionen gegen Medien und Nutzer Sozialer Medien wieder zu. “Journalisten werden verhaftet und FacebookNutzer verfolgt, wenn sie die Regierungspolitik und die Armee kritisieren.” Jede Form von Sympathiebekundung für die unterdrückten Rohingya werde “nicht geduldet”. 30. Oktober 2017: Zwei freie Journalisten aus Singapur und Malaysia werden in Myanmar vor Gericht gestellt, weil sie eine Drohne über das Parlament haben fliegen lassen. Die beiden arbeiteten für den staatlichen türkischen Sender TRT.
Die Beziehungen zwischen Myanmar und der Türkei sind äußerst gespannt, seit sich Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zum Fürsprecher der muslimischen Rohingya aufgeschwungen und Myanmar als “Brutstätte buddhistischen Terrors” bezeichnet hat. Die beiden Journalisten sind nun die Sündenböcke.
(KNA – rlknk-89-00056)