Lindau (KNA) In Lindau hat am Dienstag die “Frauen, Glaube und Diplomatie”-Konferenz begonnen. Verantwortlich ist die nach eigenen Angaben weltgrößte interreligiöse Nichtregierungsorganisation “Religions for Peace” (RfP). Bei dem Treffen kommen laut RfP rund 600 Menschen aus 60 Ländern zusammen, um neue Wege zur Förderung des interreligiösen Dialogs zu suchen – coronabedingt größtenteils virtuell. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in einem Grußwort: “Religionen sehen sich ja gerade auch im gemeinsamen Streben nach Frieden verbunden. Und wir wissen: Frieden ist nur dann nachhaltig, wenn Frauen am Friedensprozess beteiligt sind.”
Doch über diese Rolle von Frauen werde zu oft hinweggesehen, kritisierte Merkel. So gebe es zu wenige Friedensnobelpreisträgerinnen. Die Kanzlerin äußerte sich zudem zu den jüngsten islamistischen Anschlägen in Europa. Sie zeigten “eindrücklich, wie wichtig auch der Dialog zwischen den Religionen ist. Wir dürfen Extremisten keinen Raum lassen, die in ihrer menschenverachtenden Verblendung Religion dazu missbrauchen, Zwietracht zu säen und unser friedliches Zusammenleben zu untergraben.”
Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres würdigte die Konferenz mit einem Videogruß. Er sagte, er freue sich auf eine Zukunft, in der Glaube und Feminismus untrennbar seien. Michelle Müntefering, Staatsministerin für internationale Kulturpolitik, warnte vor Bestrebungen, Frauenrechte zurückzudrängen. Dagegen müssten sich säkulare und religiöse Organisationen stemmen. “Religion und Chancengleichheit sind kein Widerspruch, sondern sollten Hand in Hand gehen.”
Margot Käßmann, frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), erklärte, Frauen setzten Macht anders ein als Männer. Sie bemühten sich um Transparenz und wollten überzeugen. “Und trotzdem sind Frauen in Führungspositionen weiterhin in der Minderheit.” Das müsse sich ändern. RfP-Generalsekretärin Azza Karam ergänzte, das Geschlecht bestimme nicht die Führungskompetenz. Frauen und Männer sollten gemeinsam führen, das stärke die Gesellschaft.
Die Versammlung läuft bis Freitag unter dem Motto “Keeping Faith, Transforming Tomorrow” (Den Glauben bewahren, das Morgen verwandeln). In ihrer Ausrichtung ist die vom Auswärtigen Amt finanzierte Konferenz international einzigartig, wie es heißt. Geplant sind vier Schwerpunkte: Führung und Fokus von Frauen in formellen wie informellen Leitungspositionen, besondere Fähigkeiten von Frauen bei Friedenssuche und Konfliktmanagement, wertebasierte Bildung als ein Fundament für eine friedlichere globale Gesellschaft, Umweltschutz. Zudem soll es am Mittwoch im Lindauer Luitpoldpark eine interreligiöse Zeremonie geben.
RfP kooperiert in Lindau mit “Ring for Peace”. Unter dieser Marke organisiert die örtliche “Stiftung Friedensdialog der Weltreligionen und Zivilgesellschaft” interreligiöse Projekte in der Stadt. In Lindau hatte 2019 die RfP-Weltversammlung mit rund 900 Teilnehmern von gut einem Dutzend Religionen stattgefunden.
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