Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
in kontinuierlichen Abständen wird die öffentliche Diskussion in Deutschland seit geraumer Zeit von Ereignissen erschüttert, die den Islam in den Mittelpunkt kritischer Bestandsaufnahmen stellen. Nach dem Mord an dem niederländischen Filmemacher Theo van Gogh, der Diskussion um Parallelgesellschaften, dem Karrikaturenstreit und der Papstvorlesung von Regensburg war es nun eine Frankfurter Amtsrichterin, die mit Ihrem Hinweis auf Sure 4, Vers 34, das Verprügeln einer deutschen Muslima marokkanischer Herkunft durch ihren marokkanischen Ehemann absegnen wollte.
»Haben wir schon die Scharia?« fragte der Spiegel in seiner Ausgabe vom 26. März 2007 unter der Überschrift: »Mekka Deutschland. Die stille Islamisierung«. Hendryk M. Broder schreibt dazu im selben Heft: »So wird das Stück ›Die beleidigten Moslems und wir‹ seit rund 20 Jahren in verschiedenen Besetzungen aufgeführt, wobei der Plot immer der gleiche bleibt: Dort die verletzten und gekränkten Gläubigen, die gar nicht anders können, als Botschaften abzufackeln, um ihre Ehre zu verteidigen, hier die kleinlauten und ewig bußfertigen Relativisten des Abendlandes, die den ›Dialog der Kulturen‹ als therapeutisches Selbstgespräch inszenieren …«
Die Titelgeschichte des Spiegel zählt wieder einmal schonungslos auf, wo es zwischen Muslimen und Deutschen zum »Zusammenprall der Kulturen« kommt: hier (vermeintlich) aus dem Islam resultierende Verhaltensmuster (Zwangsehen, Ehrenmorde, Kopftuch, etc.), dort ein auf der Moderne beruhendes säkulares Verständnis unserer Gesellschaft.
Dem christlich-islamischen Dialog fällt in diesem Kontext eine wichtige Aufgabe zu. Er könnte die zentralen Begriffe und Werte, die das Grundgesetz verbindlich als Grundlage des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft vorschreibt, theologisch abklären. Inwieweit etwa sind Christentum und Islam mit Werten wie Religionsfreiheit, Menschenrechten und Säkularität kompatibel? Wie lassen sich Demokratie, Selbstbestimmungsrecht oder Meinungsfreiheit aus den Religionen begründen und rechtfertigen? Ein solcher interreligiöser Dialog würde zweifelsfrei dazu beitragen, dass der »Zusammenprall der Kulturen« mittelfristig abgefedert und langfristig vermieden wird.
Die CIBEDO-Beiträge bieten sich an, einen wesentlichen Beitrag in diesem Rahmen zu leisten.
Ihr Peter Hünseler
Inhaltsverzeichnis
Editorial 2
Studien
»Dialog« und »Toleranz« als apologetische Begriffe bei ägyptischen islamischen Theologen seit den 90er Jahren
von Frank van der Velden 4
Hoffnungsvolle Perspektiven zur Revision von Schulbüchern im Nahen Osten
von Wolfram Reiss 13
Dokumentation
Ansprache von Papst Benedikt XVI. in der Aula der Universität Regensburg am 12. September 2006 anlässlich seiner Apostolischen Reise nach München, Altötting im September 2006 26
Der offene Brief von 38 muslimischen Religionsführern als Antwort auf die Regensburger Vorlesung 31
Projektbericht
Förderung des Zusammenlebens durch Dialog
von Martin Affolderbach 36
Buchbesprechungen
Mark A. Gabriel: Jesus und Mohammed – erstaunliche Unterschiede und überraschende Ähnlichkeiten
von Timo Güzelmansur 39
Uwe Gerber: Auf die Differenz kommt es an. Interreligiöser Dialog mit Muslimen.
von Christian Troll SJ 39
Leserbriefe 41
Neuanschaffungen der CIBEDO-Bibliothek 42
Zeitschriftenschau 43