Bonn (KNA) Das Gerichtsurteil, nach dem eine Schule eine verschleierte Schülerin abweisen darf, sorgt weiter für Debatten. Niedersachsens Migrationsbeauftragte Doris Schröder-Köpf zeigte zwar Verständnis für die Haltung des Abendgymnasiums und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Osnabrück. “Dennoch kann die Gesellschaft kein Interesse daran haben, eine bildungshungrige junge Frau generell vom Erlangen der Hochschulreife fernzuhalten”, sagte die SPD-Politikerin der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (Dienstag). Das Verwaltungsgericht Osnabrück hatte am Montag einen Antrag der Schülerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Die Muslimin war nicht zur Verhandlung erschienen. Zur Begründung teilten die Richter mit, die Antragstellerin hätte die von ihr empfundene Konfliktlage gegen- über der Kammer erläutern müssen. Nur dann hätte das Gericht zwischen dem von ihr geltend gemachten Recht auf Religionsfreiheit und dem ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestatteten staatlichen Bildungsauftrag abwägen können. Diese Möglichkeit habe die Frau nicht genutzt. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnte davor, Vollverschleierten den Zugang zum Schulunterricht zu erschweren. “Wir dürfen Frauen nicht deswegen von Bildung ausschließen, weil sie Burka oder Niqab tragen”, sagte Ilka Hoffmann vom GEW-Hauptvorstand der “Neuen Osnabrücker Zeitung”. Schule sei für vollverschleierte Mädchen aus strengkonservativen islamischen Haushalten oft die einzige Möglichkeit, Kontakt zu Gleichaltrigen aufzunehmen. “Im Unterricht kann sich das Selbstbewusstsein herausbilden, das nötig ist, um entgegen der Familientradition den Schleier abzunehmen”, so Hoffmann. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, begrüßte das Urteil dagegen. Die Schulen bekämen ein Stück Rechtssicherheit, sagte er im Deutschlandfunk. Auch passe das Tragen einer Burka oder Niqab nicht zum Unterrichtsgeschehen. Kraus verwies darauf, dass Bildung und Erziehung etwas sehr Kommunikatives seien. Dazu gehörten ebenso die Mimik und die Gestik. Die Syrien-Expertin Kristin Helberg bezeichnete in der “Welt” die Burka-Debatte als schädlich für das gesellschaftliche Klima. “Es gibt keine Burka-Trägerinnen hierzulande”, sagte sie. Wenn überhaupt, werde der Gesichtsschleier Niqab getragen. “Wir sollten uns freuen, dass 99,99 Prozent der Musliminnen keinen tragen.” Für einen liberalen Rechtsstaat sei es gefährlich, Kleidervorschriften einzuführen, sagte Helberg. Es sei emanzipiert, im Burkini schwimmen zu gehen anstatt überhaupt nicht. Dasselbe gelte für Frauen mit Kopftuch, die Richterinnen, Ärztinnen oder Lehrerinnen werden wollten. Die aus Pakistan stammende und in Deutschland lebende Journalistin Meera Jamal dagegen sagte der “Süddeutschen Zeitung”, dass das Tragen etwa einer Burka keine persönliche Entscheidung sei – “jedenfalls nicht, wenn es um die Sicherheit des Staates geht”.
(KNA – qksmn-89-00090)