Berlin (KNA) Angesichts wachsender religiöser Vielfalt haben Experten mehr interkulturelle Sensibilität angemahnt. Die weitgehend säkulare deutsche Gesellschaft missachte, wie wichtig Religion für viele Zuwanderer sei, sagte die evangelische Hamburger Krankenhausseelsorgerin Christina Kayales am Dienstag in Berlin. Bei einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie führte sie als Beispiel Fälle an, bei denen Klinikpersonal Muslimen den Besuch kranker Angehöriger verwehrt hätten. Die Besucher hätten dies angesichts des hohen Rangs von Krankenbesuchen im Islam als “sehr verletzend erlebt”. Kayales schult auch ehrenamtliche muslimische Krankenhausseelsorger. Imam Ferid Heider vom Interkulturellen Zentrum für Dialog und Bildung in Berlin-Gesundbrunnen forderte auch von Muslimen mehr Toleranz gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen. “Sie müssen lernen, dass sie nicht erwarten können, von allen akzeptiert zu werden”, so der Geistliche. Zugleich kritisierte er einen dauerhaften Rechtfertigungsdruck, der auf seiner Religionsgemeinschaft laste. So würden etwa nach “Ehrenmorden” muslimische Schüler von Lehrern oft als “Experten für den Islam” angesprochen. Dies sei jedoch eine Überforderung und führe bei den Betroffenen “zu Resignation, Scham oder gar Hass auf die Gesellschaft”. Der Berliner Lehrer für Ethik und Religionskunde, Cagatay Caliskan, räumte ein, dass muslimische Schüler von Hause aus religiöse Fragen oft nach dem Schema “richtig oder falsch” beurteilten. Vor allem Imame und muslimische Religionslehrer hätten deshalb die Aufgabe, sie zu einer differenzierten Sicht hinzuführen. Die Experten äußerten sich bei einer Veranstaltung über “Religiöse Identität und Verletzung”.
(KNA – qllmt-89-00145)