Von Christoph Arens (KNA) Bonn (KNA) Wenn es um Religionsfreiheit geht, hat Pakistan einen ausgesprochen schlechten Ruf. Glaubt man einer Umfrage des internationalen katholischen Missionswerks missio in Aachen, fühlen sich die Christen dort vor dem Weihnachtsfest besonders stark bedroht. Die Gläubigen überlegten in diesem Jahr, ob der Weg zur Kirche sicher sei, ob sie die traditionelle Mitternachtsmesse am 24. Dezember feiern und sich danach auch noch zum Feiern treffen könnten, wie es Brauch sei, sagte der Erzbischof von Lahore, Sebastian Francis Shaw. “Die Freiheit, Weihnachten im Gebet und fröhlich öffentlich zu feiern, ist in Gefahr, die Menschen ziehen sich ins Private zurück”, bedauert der Franziskaner. Auch Amnesty International (AI) hat Pakistan mit Blick auf die Religionsfreiheit gerade schlechte Noten ausgestellt. “Es liegen erdrückende Beweise dafür vor, dass die Blasphemiegesetze gegen die Menschenrechte verstoßen und Zivilpersonen dazu ermutigen, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen”, erklärte AI-Expertin Audrey Gaughran. Die Blasphemiegesetze würden häufig instrumentalisiert, um falsche Anschuldigungen gegen religiöse Minderheiten oder missliebige Menschen zu erheben, heißt es. Amnesty zitiert sogar den Obersten Gerichtshofs Pakistans mit der Aussage, die große Mehrheit der Anklagen wegen Gotteslästerung basiere auf falschen Anschuldigungen und habe Streitigkeiten um Land oder persönliche Rache als Ursache. Sobald jemand der Blasphemie beschuldigt werde, könne er von der Polizei ohne Überprüfung der Fakten festgenommen werden. Dann aber fänden sich die Betroffenen in einem System wieder, das “ihnen nur wenige Schutzgarantien bietet, ihre Unschuld nicht voraussetzt und sie nicht vor Gewalt schützt”, kritisiert AI. Selbst wenn die Beschuldigten freigelassen würden, seien sie weiter in Lebensgefahr. Der am Mittwoch veröffentlichte Amnesty-Bericht “‘As good as dead’: The impact of the blasphemy laws in Pakistan” (So gut wie tot. Die Auswirkungen der Blasphemiegesetze in Pakistan) beklagt zudem, dass auch Polizisten, Anwälte und Richter in einem Klima der Angst operierten. Das hindere sie, ihre Arbeit unparteiisch und angstfrei zu erledigen. Als Beispiel schildert Amnesty den Fall eines christlichen Paares aus dem Punjab. Ende 2014 wurde das Gerücht verbreitet, die beiden hätten Seiten des Koran verbrannt. Muslimische Geistliche forderten daraufhin über Moscheenlautsprecher, die beiden sollten “verbrannt werden, genauso wie sie das Heilige Buch verbrannt haben”. Schnell, so die Amnesty-Schilderung, versammelten sich Hunderte aufgebrachte Menschen vor der Hütte des Paares. Fünf Polizisten hätten nicht eingegriffen. Shama und Shahzad Masih wurden in einen Ziegelbrennofen gestoßen und verbrannt. Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sind seit den 1980er Jahren mindestens 53 Menschen in Pakistan wegen Blasphemievorwürfen gelyncht worden. Derzeit säßen 17 wegen Gotteslästerung verurteilte Menschen in Todeszellen, hieß es im Oktober. Bislang sei noch niemand nach einem Blasphemieurteil hingerichtet worden. Jedoch sei eine Reihe von Verurteilten unter nie einwandfrei geklärten Umständen in den Gefängnissen ums Leben gekommen. Der Amnesty-Report zitiert Berichte der pakistanischen Menschenrechtskommission und der nationalen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, nach denen seit Beginn der 1980er Jahre mindestens 633 Muslime, 494 Ahmadis, 187 Christen and 21 Hindus wegen Gotteslästerung angeklagt wurden. Der wohl prominenteste Häftling ist die Christin Asia Bibi. Die Mutter von fünf Kindern wurde als erste Frau in Pakistan wegen Blasphemie angezeigt und im November 2010 zum Tod verurteilt. Im Oktober 2014 bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil; im Juli 2015 setzte der Oberste Gerichtshof die Todesstrafe aus und machte damit den Weg frei für die erneute Anhörung. Die Berufungsverhandlung am 13. Oktober 2016 wurde dann aber verschoben. Ende Oktober forderten radikale islamistische Gruppen in Karachi, Islamabad und Lahore die Hinrichtung Asia Bibis. Sollte es zu einer Freilassung kommen, dann werde man einen “Krieg entfachen”, drohten sie.
(KNA – qlmmm-89-00101)