Bonn (KNA) Die Debatte um den deutsch-türkischen Moscheedachverband Ditib weitet sich aus. Nachdem Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga in der “Rheinischen Post” (Donnerstag) erneut eingeräumt hatte, dass einzelne Imame des Verbands Informationen über Gülen-Anhänger an die türkische Regierung weitergeleitet hätten, forderten deutsche Politiker Konsequenzen. Das Klima in der türkischen Gemeinschaft beschreiben unterdessen nicht nur die Anhänger des im USamerikanischen Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen als angespannt. Vertreter der Kurden warnten vor der Entstehung von “türkisch-nationalistischen” Gegengesellschaften in Deutschland. Mit Blick auf die Spitzel-Vorwürfe sprach Ditib-Generalsekretär Alboga von einer bedauerlichen “Panne” – ähnlich hatte er sich bereits Mitte Dezember geäußert. Eine entsprechende schriftliche Anweisung der türkischen Religionsbehörde Diyanet sei nicht an die Ditib gerichtet gewesen, so Alboga. Trotzdem seien ihr “einige wenige Ditib-Imame fälschlicherweise” gefolgt und hätten Berichte über Gülen-Anhänger nach Ankara geschickt. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Staatsfeind Nummer eins. Präsident Recep Tayyip Erdogan macht sie für den gescheiterten Putsch im Juli 2016 verantwortlich. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) ist der größte islamische Verband in der Bundesrepublik. Gegründet 1982 als Verband von zunächst 15 Moscheen, gehören ihm inzwischen rund 900 Ortsgemeinden an. Die Ditib wird vom türkischen Religionsministerium mitfinanziert und gelenkt. Laut Selbstdarstellung bekennt sich der Ditib-Bundesverband zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes. Kritiker werfen dem Verband allerdings aufgrund seiner Anbindung an Ankara vor, als verlängerter Arm der türkischen Regierung zu fungieren. Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak, sprach gegenüber dem Südwestrundfunk von einem vergifteten Klima innerhalb der türkischen Community. Ähnlich hatte sich am Mittwoch bereits ein hochrangiger Vertreter der Gülen-Bewegung geäußert. Toprak sagte, er wünsche sich von der deutschen Politik, dass sie auf Distanz zu Ditib gehe. “Wer mit Ditib zusammenarbeitet, legt die Zukunft der deutschen Muslime in die Hände von Erdogan.” Die Kurdische Gemeinde setze dagegen auf eine Organisation der Muslime in Deutschland, die unabhängig von den Herkunftsländern sei. Die Migrationsbeauftragte der Linken-Bundestagsfraktion Sevin Dagdelen forderte konkrete Maß- nahmen gegen jene Imame, die Gülen-Anhänger denunziert hätten: “Erdogans Spitzel müssen umgehend ausgewiesen werden.” Dagdelens Kollege bei den Grünen, Volker Beck, nannte das Eingeständnis Albogas zu den Spitzel-Vorwürfen unglaubwürdig. Er habe im Dezember beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gestellt “wegen des Verdachts der Spionage zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland”, so Beck. “Dieser Verdacht ist nun bestätigt.”
(KNA – rkllm-89-00115)