Berlin (KNA) Journalisten in Deutschland sind nach einer Studie in ihrem Berufsalltag immer häufiger mit Hass konfrontiert. Verbale und körperliche Angriffe gegen Medienschaffende seien zur Normalität geworden, erklärte ein Forscherteam am Mittwoch in Berlin. Das verändere auch die Berichterstattung. Für die Onlineerhebung “Hass im Arbeitsalltag Medienschaffender” hatte das Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld im November und Dezember 780 Journalisten zu ihren Erfahrungen befragt. Zwei Drittel der befragten Journalisten sind der Meinung, dass hasserfüllte Reaktionen in den vergangenen 12 Monaten allgemein deutlich zugenommen haben. 42 Prozent waren 2016 nach eigenen Angaben selbst von Angriffen betroffen, 26 Prozent berichten von mehrmaligen bis regelmäßigen Angriffen. Unter den Betroffenen machen drei Viertel ausschließlich ihre Rolle als Journalist für die Angriffe verantwortlich. Die restlichen 25 Prozent führen die Angriffe vor allem auf Unzufriedenheiten mit den Inhalten (77 Prozent) und der Darstellung von Sachverhalten (64 Prozent) oder die Ablehnung von Personengruppen (47 Prozent) zurück, über die berichtet wurde. Sehr viel seltener nehmen die Befragten an, die eigene nationale Herkunft (5 Prozent) oder Religion beziehungsweise Weltanschauung (14 Prozent) seien für die erlebten Angriffe ausschlaggebend. Studienleiter Andreas Zick sagte dazu: “Die Journalisten werden angegriffen, weil sie Journalisten sind. Der Hass richtet sich gegen den Berufsstand.” Themen wie Flüchtlinge, Islam und Migration erzeugten besonders viele hasserfüllte Botschaften. Am häufigsten wurden die Journalisten laut Studie in direkten Situationen wie Demonstrationen, Interviews oder Veranstaltungen angegriffen. Rund jeden fünften Betroffenen erreichten die Angriffe über soziale Netzwerke oder die Kommentarfunktion unter Beiträgen. Sehr viel seltener werden Journalisten per Anruf oder Leserbrief attackiert. Jeder Zweite fühlt sich von den Angriffen des Publikums belastet. In den Redaktionen selbst wird Hate Speech der Studie nach aber kaum thematisiert. Lediglich in einem Viertel der Häuser komme das Thema zur Sprache. Zwei Drittel gaben hingegen an, Rückhalt bei Kollegen zu finden. Knapp 70 Prozent suchten den direkten Dialog mit den Angreifern. Am häufigsten wurden als Gegenmaßnahme hasserfüllte Beiträge gelöscht.
(KNA – rknkl-89-00060)