Von Hermann Horstkotte (KNA) Düsseldorf (KNA) Seit gut fünf Jahren bietet Nordrhein-Westfalen islamischen Religionsunterricht als normales Schulfach an. Damit ging NRW den anderen Bundesländern voran. Bislang werden aber gerade mal fünf Prozent der landesweit 300.000 muslimischen Schüler darin unterrichtet. Nun ändert das Land auch noch den Modus zur Berufung der Lehrer und engt das Bewerberfeld ein – aus Sicherheitsgründen. Für den Unterricht stehen derzeit rund 170 Lehrer zur Verfügung, die früher meist neutrale Islamkunde gaben. Für den bekenntnisgebundenen Bildungsauftrag erhielten sie von einem Beirat des Ministeriums, dem Vertreter der Landesregierung und der islamischen Verbände angehören, eine spezielle Lehrerlaubnis, die Idschaza. Sie hat eine ähnliche Bedeutung wie die missio canonica, welche die katholische Kirche als Sendungsurkunde für ihre Religionslehrer ausstellt. Außer den bislang aktiven Islamlehrern gibt es eine “Reserve” von mehreren Dutzend Kandidaten, die keine Lehrerstelle, aber bereits eine Idschaza haben. Damit konnten sich bis Ende vorigen Jahres auch Hochschulabsolventen, die nicht auf Lehramt studiert haben, als Seiteneinsteiger für den Schuldienst bewerben. Jetzt ist es damit vorbei, wie Mustafa S. feststellen musste. Bis auf die Idschaza erfüllt er als fertiger Islamwissenschaftler alle bisherigen Voraussetzungen für den Religionsunterricht. Im November hatte er beim Beirat einen Termin für die erforderliche Lehrerlaubnis. Den allerdings versäumte Mustafa S. Einen neuen Termin lehnte der Beirat im Februar ab – mit der Begründung, dass sich inzwischen seine “Vorgehensweise geändert” habe. Jetzt gilt: Wer noch keine Lehrerstelle hat, bekommt auch keine Idschaza mehr. Das Ministerium bestätigt die restriktive Neuregelung, will das aber nicht an die große Glocke hängen. Die zuständige Bezirksregierung Köln stellt jedoch klipp und klar fest: Ein “Bewerber darf die Idschaza nur beantragen, wenn er/sie sich im Schuldienst befindet. Bei Islamwissenschaftler/innen kann der Beirat die Idschaza nach der Einstellung in den Schuldienst aussprechen” und nicht schon wie früher vorher. Eine nähere Begründung fehlt. Mustafa S. kann sich keinen Reim auf die Korrektur machen – und anscheinend auch nicht dagegen angehen. Denn laut Ministeriumssprecher gibt es “keinen Rechtsanspruch des Einzelnen auf ein Tätigwerden des Beirats”. Eigentlich kann für ein möglichst flächendeckendes Lehrangebot, von dem die Politiker aller Parteien immer sprechen, das Bewerberfeld kaum offen genug sein. Schließlich sollen sich Pädagogen auch für die Eifel oder Ostwestfalen finden. Erst auf hartnäckige Nachfrage heißt es im Schulministerium, dass die Beschränkung des Bewerberkreises sicherheitspolitisch motiviert sei. Der Beirat selber kann und darf nur über religiöse Einstellungen befinden. Alle möglichen Bewerber vorab auf ihre Treue zum Grundgesetz zu überprüfen, wäre allerdings sehr aufwendig. Es soll jedoch so gut wie möglich verhindert werden, dass Salafisten oder andere Fundamentalisten an eine Idschaza kommen. Deshalb konzentriert sich das Ministerium nun auf bereits tätige Lehrer, die die Sicherheitsüberprüfung schon bei Übernahme in den Schuldienst hinter sich haben und schon längst unter der Schulaufsicht und im Blickfeld der Kollegen stehen. Als Insider stellen solche Pädagogen ein geringeres Risiko dar als jemand von außen. Die Zeiten für Seiteneinsteiger ohne Lehramtsstudium beim islamischen Religionsunterricht ändern sich überhaupt: Im Herbst kommen nämlich die ersten Absolventen der Universitäten in Münster und Osnabrück mit Religion und einem Zweitfach als Referendare in den normalen Vorbereitungsdienst an Schulen. Ersatzkräfte wie Mustafa S. mit anderem Studienabschluss werden deshalb immer weniger gebraucht.
(KNA – rknkl-89-00063)