Königsthron frei für Muslime und schwule Paare. Schützenbund will am Sonntag neues Positionspapier verabschieden

Von Sabine Kleyboldt (KNA) Leverkusen (KNA) Fast drei Jahre ist es her, dass Mithat Gedik im westfälischen Werl-Sönnern den Vogel abschoss. Doch die Freude bei dem türkischstämmigen Schützenkönig und der Werler Bruderschaft Sankt Georg währte nicht lange: Denn laut Satzung des Bundes Historischer Deutscher Schützenbruderschaften (BHDS) hätte der Muslim gar nicht Mitglied werden, geschweige denn den Thron besteigen dürfen, da das nur Christen vorbehalten ist. Ähnlich großen Wirbel verursachte 2011 der Münsteraner Schützenkönig Dirk Winter: Statt einer Frau nahm er seinen langjährigen Lebenspartner mit auf den Königsthron. Spätestens durch diese Fälle sah sich der katholische Traditionsverband, dessen erste Bruderschaft bereits 1236 gegründet wurde, zu einer Profildiskussion aufgerufen. Als Ergebnis der Debatte unter den gut 1.300 Ortsvereinen mit rund 400.000 Mitgliedern soll nun am Sonntag bei der Bundesvertreterversammlung in Leverkusen ein neuer “Orientierungsrahmen” verabschiedet werden. Kernpunkte der zwei Seiten umfassenden Beschlussvorlage: Wiederverheiratete Geschiedene sind grundsätzlich für Ämter bei den katholischen Schützen zugelassen. Das Thema habe sich bereits mit der Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts durch die Bischofskonferenz erledigt, erläutert Verbandssprecher Rolf F. Nieborg. Weiter soll das Thema sexuelle Orientierung künftig nicht mehr in den Verbandsstatuten vorkommen. Damit einher ginge eine Aufhebung des Beschlusses vom 11. März 2012: Damals wurde – als Reaktion auf Schützenkönig Winter – festgelegt, dass gleichgeschlechtliche Schützenmajestäten ihre Lebenspartner nicht als Mitregenten wählen dürfen. Ebenso geht es am Sonntag darum, inwieweit sich die Schützen offiziell für Nicht-Christen öffnen. Es soll den Bruderschaften vor Ort überlassen werden, ob sie aus der Kirche Ausgetretene oder Andersgläubige aufnehmen, sofern diese die Ziele des katholischen Verbandes anerkennen, erklärt Nieborg. Als Vorstandsmitglieder dürfen dagegen weiterhin nur aktive Mitglieder der Kirche fungieren. Bei all diesen Punkten gehe es um ein klares Bekenntnis zu den christlichen Traditionen sowie die umfassende Bereitschaft zum Miteinander mit Hinzugekommenen aus anderen Kulturkreisen, sagt Bundesschützenmeister Emil Vogt. Zuvor hatte er gemeinsam mit BHDS-Bundespräses Robert Kleine alle Bruderschaften angeschrieben und um Zustimmung zum Orientierungsrahmen gebeten. Die Vertreterversammlung am Sonntag im Forum Leverkusen, wo rund 450 bis 500 der knapp 700 Delegierten erwartet werden, beginnt zunächst mit einem Gottesdienst. Dann werde die Beschlussvorlage samt Empfehlung des Präsidiums verlesen, berichtet Nieborg. Es reiche die einfache Mehrheit, die auch problemlos zu erwarten sei, meint der Sprecher. “Es ist ja keine Satzungsänderung, sondern nur ein Orientierungspapier.” Damit gebe man den Bruderschaften vor Ort größere Entscheidungsfreiheit, nehme aber auch unterschiedliche Geschwindigkeiten im Verband in Kauf. Auch Bundespräses Kleine ist zuversichtlich, dass es zu einer klaren Mehrheit für das Papier kommt. “Aber es gibt auch Widerstände”, weiß der Kölner Dom- und Stadtdechant. So stünden Anträge zur Änderung oder zur Vertagung einzelner Punkte im Raum. Traditionellen Verbänden wie Paderborn oder Münster, die den Beschluss vom März 2012 initiiert hatten, gingen die Eckpunkte möglicherweise zu weit. “Meine Hoffnung ist, dass sich die Mitglieder am Ende dieses langen Diskussionsprozesses stärker bewusst geworden sind, wofür der BHDS steht”, unterstreicht Monsignore Kleine. Der Verband stehe eben nicht nur für Schützenfeste, Feiern, Musizieren und Fahnenschwenken, sondern für christliche Grundwerte. “Wer dafür eintritt, aber nicht katholisch ist, kann mitmachen, sofern er sich nicht gegen diese Werte stellt”, betont der Geistliche. Hier gehe es beileibe nicht nur um Muslime, deren Mitgliederzahl vielleicht im Promillebereich liege, sondern etwa um Menschen, die bisher nicht getauft waren oder die Verbindung zur Kirche verloren hatten. “Ich sehe auch den missionarischen Charakter: Wir geben Zeugnis.”

(KNA – rknkt-89-00154)