Von Gregor Krumpholz (KNA) Berlin (KNA) Nach vielen Spekulationen über die Zukunft der Hochschultheologie in Berlin stehen nun offenbar wichtige Weichenstellungen bevor. Vor Journalisten sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Montag, die katholische Theologie werde von der Freien Universität (FU) aus dem Berliner Westen an die Humboldt-Universität (HU) ins Zentrum der Hauptstadt “verlagert werden können”. Müller bestätigte, dass dies ein Thema der laufenden Verhandlungen über die künftigen Hochschulverträge sei. Der Regierende Bürgermeister und HU-Präsidentin Sabine Kunst erklärten auf Nachfrage, dass sie für eine solche neue Zuordnung seien. Zwar stünden noch nicht alle Konditionen eines solchen Wechsels fest, heißt es aus den Hochschulverhandlungen. Der Heilige Stuhl habe über seinen Botschafter, Erzbischof Nikola Eterovic, aber bereits sein grundsätzliches Einverständnis signalisiert. Katholische Theologie im Rahmen einer Universität gibt es in Berlin nur an der FU. Die Ausstattung des Seminars steht jedoch seit längerem in der Kritik. Von den ursprünglich vereinbarten vier Professuren war in den vergangenen Jahren nur eine dauerhaft besetzt, unterstützt von zwei Juniorprofessuren und Gastdozenten. Dies ist aus Sicht etwa des Berliner Erzbischofs Heiner Koch “völlig unzureichend”. Die Gründung eines Instituts für Islamische Theologie an der HU könnte nun auch zum Türöffner für die katholische Kirche werden. Das Projekt einer Katholisch-Theologischen Fakultät im Zentrum der Hauptstadt, das Mitte der 1990er Jahre aufgegeben wurde, ließe sich in verkleinerter Form eines Instituts doch noch verwirklichen. Als “Mutterinstitution” haben sich die Protestanten bereits angeboten. Aus ihrer HU-Fakultät kommt die “Vision” einer “Fakultät der Theologien”, die – bundesweit einmalig – evangelische, katholische, islamische und jüdische Theologie unter einem Dach zusammenführt. Wie sie unter Wahrung ihrer Eigenständigkeit kooperieren sollen, will die evangelische Fakultät Anfang April erklären und ein Modell vorstellen. Auch der Regierende Bürgermeister sieht darin eine “zukunftsweisende Idee, die aber in mehreren Schritten umsetzbar ist”. Für Müller wie HU-Präsidentin Kunst hat es Priorität, zunächst das Islam- Institut zu etablieren. Es soll für wissenschaftlich ausgebildete Imame und Religionslehrer sorgen und damit fundamentalistischen Tendenzen entgegenwirken. Schon die Vorbereitungen des neuen islamischen Studienangebots stellen jedoch eine Reihe offener Fragen. Dies wurde bei der Vorstellung des Gründungsbeauftragten, des Historikers Michael Borgolte, am Montag deutlich. So ist ungewiss, inwieweit sich die verschiedenen muslimischen Organisationen, die im Instituts-Beirat vertreten sind, einig werden. Das Gremium hat – wie die Kirchen in theologischen Hochschul-Einrichtungen ihrer Konfessionen – ein Mitspracherecht mit Blick auf das Bekenntnis der Stellenkandidaten. Im Beirat ist außer fachlich einschlägigen Hochschullehrern auch der umstrittene Ditib-Verband vertreten. Einige seiner Imame stehen unter dem Verdacht der Spionage für die türkische Regierung. Zwar betonte Borgolte, er habe bislang keine “Konfliktpunkte” mit Ditib-Vertretern feststellen können. Auch Müller verwies darauf, dass im Beirat Ditib “eine von 15 Stimmen” sei. Zugleich räumte der Regierende Bürgermeister die Problematik grundsätzlich ein: “Wir müssen schauen, mit wem man zusammenarbeitet.” Angesichts dessen ist aus Sicht von Senat und Universität auch nicht vordringlich, wo das neue Islam-Institut angedockt wird. In der Philosophischen Fakultät I haben die evangelischen HU-Theologen einen Konkurrenten. Der Wettbewerb dürfte sich erst in den kommenden Monaten entscheiden. Falls die Historiker, Philosophen und Völkerkundler den Zuschlag erhielten, fiele ein wichtiger Pfeiler für die angestrebte “Fakultät der Theologien” weg.
(KNA – rknmr-89-00114)