Stuttgart (KNA) Der koptische Theologe Michael Ghattas (64) sieht trotz der jüngsten Terroranschläge in Ägypten eine Verbesserung im Verhältnis zwischen den dort lebenden koptischen Christen und Muslimen.
In den vergangenen Jahren habe sich die Atmosphäre deutlich entspannt und viele vernünftige Muslime solidarisierten sich jetzt mit den Kopten, sagte Ghattas der “Stuttgarter Zeitung” (Donnerstag). Den Muslimen sei bewusst, dass die Terroristen die beiden Religionen gegeneinander aufhetzen wollten. “Aber insgesamt sehen wir eine Wende zum Positiven, wird unsere Lage Schritt für Schritt besser”, so Ghattas einen Tag vor dem Besuch von Papst Franziskus in Kairo. Unter der Regierung von Präsident Abdel Fattah al-Sisi, der 2015 als erster ägyptischer Präsident einen koptischen Weihnachtsgottesdienst besucht hatte, fühlten die Kopten sich sicherer, so Ghattas.
Nach den verheerenden Anschlägen auf Kirchen in Tanta und Alexandria am Palmsonntag bemühe sich die Polizei nach Kräften, die Christen zu schützen. Zudem hätten auch viele Muslime Angst vor den Terroristen, sagte Ghattas, der unter anderem als Lehrbeauftragter für koptische Kirchengeschichte an der FU Berlin tätig ist. Er kritisierte aber auch weiterbestehende Missstände. So gebe es immer noch Widerstände, wenn Kopten eine Kirche bauen wollten. Auch habe sich die renommierte Kairoer Azhar-Universität immer noch nicht eindeutig von den Terroristen des IS distanziert.
Er hoffe, dass Papst Franziskus dies bei seinem zweitägigen Besuch in Kairo zumindest hinter verschlossenen Türen ansprechen werde. Der Papst trifft unter anderem mit dem Großscheich der Al-Azhar, Ahmed Mohammed al-Tayyeb, zusammen. Ghattas kritisierte ferner, noch immer würden Christen in ägyptischen Schulbüchern negativ dargestellt und ihr Glaube verzerrt wiedergegeben. “Bisher macht allerdings keiner Anstalten, diese Bücher abzuschaffen und die Lehrpläne zu reformieren.”
(KNA – rkomr-89-00003)