Katholische Kirche rügt neue Eskalationsstufe im Moscheestreit

Köln/Erfurt (KNA) Die katholische Kirche in Thüringen hat den neuen islamfeindlichen Angriff gegen die geplante Erfurter Moschee scharf verurteilt.

Das Aufspießen von Schweinekadavern auf dem Bauplatz sei “unerträglich” und eine “neue Eskalationsstufe”, sagte der Leiter des Katholischen Büros Erfurt, Winfried Weinrich, dem Kölner domradio am Donnerstag. Es verletze die religiösen Gefühle der Muslime. Auch Theologen der Universität Erfurt kritisierten den am Montag bekannt gewordenen Vorfall scharf. Das Schwein gilt nach muslimischer Tradition als unreines Tier. Weinrich bekräftigte die kirchliche Unterstützung für den Moscheeneubau: “Wir stehen hinter der Ahmadiyya-Gemeinde und werden auch in diesen Tagen zu ihr stehen.” Die Kirchen würden “weiter für Religionsfreiheit und deren Ausübung, auch für die angesprochene Gemeinde, kämpfen”.

Zudem kritisierte Weinrich die Äußerungen von AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland, der sich zwar von der Schweinekadaver-Aktion distanzierte, aber Verständnis für Proteste gegen die Moschee äußerte. Die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit gelte auch für Muslime. “Da gibt es nichts zu verhandeln”, so Weinrich, der die katholische Kirche in der Landespolitik vertritt. Der Moscheebau im Ortsteil Marbach ist seit Monaten umstritten. Die Ahmadiyya-Gemeinde plant ein Gebäude mit Kuppel und Zierminarett.

Es wäre der erste Moschee-Neubau in Thüringen und – mit Ausnahme von Berlin – nach Leipzig und Chemnitz das dritte derartige Projekt in einem ostdeutschen Bundesland. Die Kirchen und alle im Thüringer Landtag vertretenen Parteien außer der AfD begrü- ßen das Vorhaben grundsätzlich. Gegen das Projekt wandten sich Kritiker bereits mit demonstrativ aufgerichteten Protestkreuzen. Anlässlich der Angriffe meldeten sich auch Erfurter Theologen auf dem News-Portal der Universität zu Wort.

Der Kirchenhistoriker Jörg Seiler verurteilte sie als “widerwärtige Akte”. Falls sie im Namen eines christlichen Abendlandes verübt worden seien, missbrauchten sie den Namen Gottes. Der Philosoph Eberhard Tiefensee erinnerte an die Behinderungen von Kirchenbauten durch die DDR Behörden. “Es ist schmerzlich zu sehen, dass wenige Jahrzehnte später auch Christen alle Mögliche unternehmen, um den Bau von Moscheen zu verhindern.”

Der Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann schrieb, in der Verwendung von blutigem Fleisch zeige sich “eine Ästhetik, die schlicht für Hass und für ein beängstigendes Gewaltpotenzial steht”. Der Bibelwissenschaftler Christoph Bultmann verteidigte den geplanten Bau eines Minaretts bei der Moschee, weil dies zur religiösen Identität der Muslime in Thüringen gehöre. Die Dogmatikerin Julia Knop betonte, die Verwendung von Schweinekadaver spreche “in ihrer Ignoranz und Bösartigkeit” der Behauptung Hohn, eine freiheitliche Gesellschaft zu schützen.

(KNA – rkqkl-89-00153)