Von Markus Schönherr (KNA) Kapstadt (KNA) “In Südafrika haben Kirchen eine lange Tradition, Missstände aufzuzeigen.”
Francesca de Gasparis ist glühende Umweltschützerin. Eine Berufung, die sie in Kapstadt mit ihrem bunten Kollegium teilt: unter anderem einer buddhistischen Nonne, einem islamischen Scheich und einer presbyterianischen Priesterin. Seit zwölf Jahren setzen sich die Religionsführer am “Umweltinstitut der Glaubensgemeinschaften” (SAFCEI) für den Erhalt von Südafrikas bedrohter Natur ein. Ihren bislang größten Erfolg feierten die Glaubensvertreter dieses Jahr mit einem Sieg über das Nuklearprogramm der Regierung in Pretoria.
Die plant, in den kommenden 15 Jahren acht neue Atomkraftwerke zu bauen. Teilweise sollen die Anlagen in Naturschutzgebieten entstehen; die Bevölkerung wurde nicht über das Vorhaben befragt. SAFCEI focht die Nuklearpläne deshalb am Höchstgericht an – mit Erfolg.
Die Richter erklärten die geheimen Verhandlungen zwischen Südafrika und Südkorea, Russland und den USA für “verfassungswidrig”. “Die Regierung muss aufhören, den Südafrikanern ein Energiemodell aufzudrücken, durch das sie gleich mehrere Generationen verschuldet”, sagt Gasparis zum Weltumwelttag (5. Juni). Dank neuer Technologien sei Strom aus Wasser- und Sonnenenergie nicht nur effektiver, sondern auch kostensparender als das 68 Milliarden Euro teure Atomprogramm. In Pretoria will man davon nichts wissen.
Gasparis wittert Korruption. Nicht nur seien Freunde von Staatspräsident Jacob Zuma mit der Planung beauftragt; auch besäßen sie das einzige Uranbergwerk des Landes. “Hier profitiert eine kleine Elite, der das Wohl ihrer Freunde und Familie wichtiger ist als das der Nation.” Sollten die Machthaber in Pretoria mit den Plänen wie gehabt voranpreschen, wollen die Religionsvertreter erneut klagen.
Mittwochmorgens vor dem Parlament; jede Woche bot sich den Kapstädtern in den vergangenen Monaten dasselbe Bild: Muslime, Christen und Juden demonstrieren gemeinsam gegen Atomstrom. “Wichtiger Teil unserer Aufgabe ist die Analyse, wie die einzelnen Religionen Umweltschutz interpretieren”, erläutert Gasparis die Idee hinter SAFCEI. So riefen nicht nur der Koran und die Bibel zu sorgsamem Umgang mit der Natur auf. Auch die Lehren des Buddhismus und des Quäkertums forderten eine “richtige Beziehung” zur Umwelt. “Umweltschutz ist ein grundlegendes Prinzip, eine Art gemeinsame Sprache der Religionen”, so die langjährige Umwelt-Aktivistin. Entsprechend wendet sich SAFCEI an alle Religionen im Vielvölkerstaat Südafrika und unterstützt in Kirchen, Moscheen, Tempeln und Synagogen sogenannte Ökogemeinden.
Das sind Gläubige, die einen Schwur für ein nachhaltigeres Leben abgelegt haben: Müll trennen, Ressourcen schonen, Gemeinschaftsgärten. Bis in Südafrikas Armenviertel reicht der Umweltschutzgedanke. “Wir arbeiten mit einigen afrikanisch-christlichen Kirchen in Khayelitsha zusammen, dem zweitgrößten Township des Landes. Natürlich haben Kirchen in Armenregionen andere Prioritäten als solche mit mehr Mitteln. Ihnen geht es vor allem um Ernährungs- und Wassersicherheit.” Wasser – ein weiteres Thema für SAFCEI. Vor allem, da Südafrikas Westen derzeit die stärkste Dürre seit 113 Jahren durchlebt.
Bis August sollen die Reserven für Kapstadts Wasserversorgung noch ausreichen. Was danach kommt, weiß niemand. Gasparis übt leise Kritik an der Stadtverwaltung, die zu lange nur zusah. “Wir hoffen aufrichtig, dass die Regierung die aktuelle Krise als Anlass nimmt, ihre Wasserplanung neu zu überdenken.” Lob hat die südafrikanische Naturschützerin für Papst Franziskus, einen “herausragenden Umweltbotschafter”.
Während der Klimawandel nicht mehr zu leugnen sei, fühlten sich Menschen weltweit von der wissenschaftlichen Erklärung überfordert oder empfänden Misstrauen. “Der Papst besitzt die Fähigkeit, Wissenschaft und Glaube zu vereinen, um einen Weg nach vorn aufzuzeigen. Genau das brauchen wir jetzt.”
(KNA – rkpnl-89-00207)