Politikwissenschaftler Tibi fordert sachliche Islam-Debatte

Bonn (KNA) Der syrisch-deutsche Politikwissenschaftler Bassam Tibi hat das Niveau der öffentlichen Diskussionen in Deutschland kritisiert. Es gebe keine “zivilisierte Debating Culture”, sagte er im Interview des Bonner “General-Anzeigers” (Donnerstag). Die Verantwortung dafür trügen “die deutschen Meinungsmacher, die es verlernt haben, Andersdenkenden zuzuhören, oder zu lesen”. Sachliche Religionskritik gehöre zur Aufklärung dazu, betonte Tibi. Insofern müsse Parallelgesellschaften eine Absage erteilt werden, “nicht nur verbal, sondern mit einem Politikkonzept”. Viele islamische Mitbürger nähmen Deutschland jedoch “nicht ernst, weil es keine Zähne zeigt”. Es sei ein Anlass zur Sorge, wenn “Neuankömmlinge aus der Welt des Islam” europäische Werte ablehnten, aber in Europa leben wollten. Kritik übte der Wissenschaftler auch an den Islamverbänden. Vertreter des organisierten Islam würden vielfach “wenn türkisch, dann von der islamistischen AKP, wenn arabisch von Saudi-Arabien gesteuert”. Diese Funktionäre wollten “gar keine Integration. Sie leisten lediglich Lippenbekenntnisse zum Dialog, verfolgen jedoch in ihrer Praxis das Ziel, die Islam-Diaspora als Politikinstrument zu missbrauchen.” Für den Syrien-Konflikt rechnet Tibi in den kommenden zehn Jahren nicht mit einer Lösung. “Mir blutet das Herz, wenn ich die Nachrichten aus Syrien wahrnehme”, so der in Damaskus geborene Forscher. Diese Einschätzung bedeute auch, dass “weitere Hunderttausende” Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland nach Deutschland kommen würden, “dies kann weder Frau Merkel noch ein anderer stoppen”.

(KNA – rkllt-89-00021)