“Es ging vor allem um Siemens”. Bischof von Assiut zum Ägyptenbesuch von Bundeskanzlerin Merkel

Von Andrea Krogmann (KNA) Assiut (KNA) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor ihrem Kairobesuch am Donnerstag mit ihrer positiven Bewertung der Lage der ägyptischen Christen für Kritik von Menschenrechtlern und Kirchenvertretern gesorgt. Merkel habe sich zu einer sensiblen Frage geäußert, sagt der koptisch-katholische Bischof von Assiut, Kyrillos William, im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es sei fraglich, ob Merkels Besuch für die koptischen Christen im Land positive Auswirkungen haben werde.

KNA: Herr Bischof William, wie haben Sie den Besuch von Angela Merkel vor Ort wahrgenommen?

William: Nach allem, was hier zu lesen war, ging es bei dem Besuch vor allem um deutsche Firmen, die in Ägypten investiert haben, und darum, Ägypten zu danken, dass es seine Aufgaben gegenüber diesen Firmen, vor allem Siemens, gut erfüllt. Inwieweit es bei dem Treffen auch um politische Fragen gegangen ist, wissen wir nicht.

KNA: Die Bundeskanzlerin wurde vor ihrer Reise für ihre positive Bewertung der Lage der Christen im Land kritisiert. Teilen Sie diese Kritik?

William: Die Sache ist sehr sensibel. Im Prinzip konnte sie sich nicht anders äußern, da es hier sonst als ausländische Einmischung interpretiert worden wäre, und das haben wir nicht gern. Dieselbe Kritik hören die Kirchen hier, wenn sie sagen, die Regierung bemühe sich und es gehe ganz gut. Es ist Klugheit gefordert, die richtige Rede zu finden.

KNA: Wie ist die Lage der Christen Ihrer Einschätzung nach?

William: Die Lage ist nicht einfach und es gibt Probleme. Die Kopten sind tatsächlich Ziel von Angriffen. So ist etwa vor kurzem ein Video der Täter des Anschlags auf die Kairoer Kirche im Dezember aufgetaucht. Darin drohen sie, der Anschlag sei erst der Anfang gewesen, und wir würden noch mehr solche Taten sehen. In Arish sind die Kopten zwar nicht zur Flucht gezwungen worden, aber sie fühlten sich gefährdet und sind gegangen. Teilweise sind auch Drohungen ausgesprochen worden. Die Extremisten wollen mit ihren Taten den Staat in eine kritische Situation bringen.

KNA: Das heißt, das eigentliche Problem ist nicht die Regierung, sondern sind Extremisten?

William: Ja. Der Staat bemüht sich wirklich, etwas zu tun – auch wenn sich eine Infiltration von Fanatikern nicht leugnen lässt. Dies zeigt sich etwa daran, wenn Regierungsstellen nicht handeln.

KNA: Würden Sie sagen, die Lage hat sich mit dem neuen Präsidenten, Abdel Fattah al-Sisi, verbessert?

William: Eigentlich ja. Er ist ein sehr treuer Mann, der trotz der Fundamentalisten den Mut hat, zu uns zu kommen. Zu Weihnachten kommt er in die koptische Kathedrale, er spricht über die Rechte der Christen und entschuldigt sich für Übergriffe. Oft hat er auch die islamische Universität Al-Azhar ermahnt, ihre Rede zu mäßigen. Aber das ist nicht einfach. Al-Azhar ist in den Augen einiger Denker Teil des Extremismusproblems in Ägypten.

KNA: Trotzdem hat dort gerade in diesen Tagen eine gemeinsame muslimisch-christliche Konferenz stattgefunden…

William: … die von vielen kritisiert wurde. Die einen kritisierten, dass so viele Patriarchen an ihr teilgenommen haben, wieder andere kritisieren, dass nur geredet wurde, der Rede aber keine Taten folgen. Zumindest die drei teilnehmenden Patriarchen haben sich aber zufrieden geäußert.

KNA: Glauben Sie, dass Merkels Besuch eine positive Wirkung für Ägyptens Christen haben wird?

William: Noch ist zu wenig bekannt über die Inhalte, über die gesprochen wurde, noch ist der Besuch zu frisch. Es ist also zu früh für ein Urteil. Die Reaktionen werden wir in den nächsten Tagen sehen.

(KNA – rknkn-89-00006)