Ates sieht Identifikationsschwierigkeiten bei Deutsch-Türken

Berlin (KNA) Frauenrechtlerin Seyran Ates kritisiert die Einstellung vieler Menschen mit einem Doppelpass. “Die meisten der sogenannten Deutsch-Türken haben nur den Pass, nicht die Bürgerschaft angenommen”, sagte die Rechtsanwältin im Interview der “Welt” (Dienstag). Um sich wirklich als Staatsbürger zu fühlen, müsse man gewisse Heimatgefühle hegen und sich für die Belange des Landes, seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft interessieren. Ates fügte jedoch hinzu, dass die “meisten Deutsch-Türken noch sehr viel Alltagsrassismus und Diskriminierung erleben, also immer Ausländer bleiben”. Das frustriere sehr, vor allem, wenn die Menschen sich angestrengt hätten, in diesem Land Fuß zu fassen. “Ich bin nicht gegen Doppelpässe, will aber, dass darüber mehr nachgedacht wird”, erklärte sie. Ihren türkischen Ausweis habe sie vor Jahren abgegeben. Integration ist ihren Worten nach auch immer ein wenig Assimilation. “Die Leistung ist, unter Wahrung der mitgebrachten Kultur, sich den Lebensumständen und Regeln des Aufnahmelandes anzupassen”, sagte Ates. “Die ‘Fremden’, die in der modernen Gesellschaft Deutschlands angekommen sind und tatsächlich in Europa und nicht in Parallelgesellschaften leben, zum Beispiel Frauen, die Fahrrad fahren, Männer, die den Kinderwagen schieben, sind selten sichtbar”, so die Frauenrechtlerin. Äußerlichkeiten würden zur Einordnung verwandt. “Dazu gehört mittlerweile ausschließlich das Kopftuch und der Bart bei Männern”, erklärte sie. Ates selber hat zwar nach eigenen Worten immer sehr “links” gelebt. Sie sei aber gläubig und will eine Moschee gründen, “um mit anderen Muslimen gemeinsam meinen Glauben im Einklang mit dem 21. Jahrhundert als freie und selbstbestimmte Frau leben zu können”. Die “Ibn Rushd-GoetheMoschee” sei ein Projekt, das aus der Deutschen Islamkonferenz und Gesprächen vor allem mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) entstanden sei. “Er hat mich überzeugt, dass wir unsere Gemeinde, die Gemeinde der modernen Muslime, sichtbar machen müssen”, sagte Autorin türkisch-kurdischer Herkunft. “Wir können nicht nur über die bösen und schlechten Verbände meckern und uns darin gefallen, die aufgeklärten Muslime zu sein.” Vor allem der Jugend müsse man es vorleben.

(KNA – rknlo-89-00026)