Berlin (KNA) Unter Polizeischutz und großem Medieninteresse ist Berlins neue liberale Ibn Rushd-Goethe Moscheegemeinde eröffnet worden. In einem Raum der evangelischen Sankt Johannisgemeinde im Stadtteil Moabit hielten Mitglieder verschiedener muslimischer Konfessionen ein gemeinsames Freitagsgebet ab.
Die Initiative zu dem Projekt kommt von der Berliner Anwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates. Nach ihren Angaben ist es die erste Moscheegemeinde bundesweit, in der Frauen predigen dürfen.
In den bestehenden Moscheen sei dies in Deutschland bislang nicht erlaubt. Ähnliche Projekte gibt es jedoch bereits in Großbritannien und den USA.
Superintendent Bertold Höcker erklärte, der Evangelische Kirchenkreis Stadtmitte wolle mit der Gastfreundschaft für die Moscheegemeinde eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit Muslimen fortsetzen und einen “weiteren Meilenstein” setzen.
Die Pfarrerin an der Sankt Johanniskirche, Sabine Röhm, räumte ein, dass die Aufnahme der Moscheegemeinde in der Kirchengemeinde “kontrovers diskutiert” werde. So gebe es “Ängste, dass ein Sicherheitsleck entstehen könnte”. Auf Flugblättern kündigten Gemeindemitglieder den Kirchenaustritt an.
Befürchtungen gebe es auch bei den muslimischen Sympathisanten der neuen Gemeinde, so Ates. “Viele sind abgesprungen aus Angst, dass etwas passieren könnte”, sagte die Autorin. Zur Zahl der Gemeindemitglieder machte sie keine Angaben. Ates erklärte jedoch, dass unter ihnen Sunniten, Schiiten, Aleviten und Sufis seien.
Die Gemeinde sei auch für Anhänger weiterer muslimischer Konfessionen offen. Zudem suche sie Kontakte zu anderen Religionsgemeinschaften und Weltanschauungen: “Bei uns wird niemand verteufelt, auch wenn er nicht an Gott glaubt.”
Die Moscheegemeinde wolle “gegen islamistischen Terror Gesicht zeigen” und den Frieden zwischen Religionen fördern.
Der Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi (Freiburg/Breisgau) vom Trägerkreis der Moscheegemeinde sagte, Ates gebe mit ihrer Initiative einer “schweigenden Mehrheit” der Muslime eine Stimme.
Die Moscheegemeinde konstituiert sich nach Angaben von Ates als gemeinnützige GmbH, von ihr selbst wird bislang “vieles allein finanziert”. Es gingen jedoch auch zunehmend Spenden ein.
Für den Raum in der evangelischen Gemeinde zahlen die Unterstützer ein “Nutzungsentgelt”. Ihre “Vision” sei, Gebäude mit Gebetsräumen für verschiedene muslimische Konfessionen und mit einem gemeinsamen zentralen Saal zu errichten, so Ates. Als Beispiel dafür nannte sie das in Berlin geplante”House of one” für Juden, Christen und Muslime, für das ein Architekturentwurf vorliegt.
Benannt ist die neue Moscheegemeinde nach dem mittelalterliche Gelehrten Ibn Rushd (1126-1198).
Er lebte in Andalusien und Marokko und war ein prominenter Kommentator des griechischen Philosophen Aristoteles. Weiterer Namensgeber ist der deutsche Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), der für seine Hochschätzung der islamischen Kultur bekannt ist.
(KNA – rkqlq-89-00045)