Berlin (KNA) Zur Vorbeugung von Straftaten ist aus Expertensicht neben Ausbildung und Aufklärung ein verpflichtender Werteunterricht an Schulen sinnvoll.
Darin solle auch kritisch über Religion gesprochen, sie aber nicht gepredigt werden, sagte der Würzburger Strafrechtsprofessor Eric Hilgendorf im Interview der “Welt” (Mittwoch). Dieser Unterricht muss seiner Ansicht nach von allen Schülern unabhängig von deren Glauben und Geschlecht besucht werden. “Das Problem ist bisher: Jeder besucht seinen Religionsunterricht, die jungen Leute setzen sich nicht zusammen und diskutieren nicht miteinander”, kritisierte Hilgendorf.
Wenn jemand keine Lust auf den Unterricht habe, “meldet man sich ab und geht zu seinem eigenen Prediger, bei dem man möglicherweise noch radikalisiert wird”. Das könne nicht sein, so der Fachmann. Er forderte zudem Schulungen in interkulturellen Kompetenzen in der Juristenausbildung. Hilgendorf sagte, dass nur eine kleine Zahl an Migranten an Straftaten beteiligt sei. “Aber das reicht aus, um Ärger zu machen.” Beispielsweise könne es wegen interkultureller Unterschiede bei den Themen Antisemitismus, Homosexualität, Religion und der Akzeptanz von weiblichen Autoritätspersonen wie Richterinnen, Polizistinnen und Staatsanwältinnen Probleme geben. “Dagegen ist die Frage, ob Frauen im öffentlichen Raum ein Kopftuch tragen dürfen oder nicht, eine Lappalie”, meinte Hilgendorf. Menschen, die nach Deutschland kommen, müssen sich seinen Worten nach den hier geltenden rechtlichen Werten und Regelungen anpassen.
Es gebe aber auch Bereiche, in denen man auf muslimische Migranten zugehen könne, zum Beispiel im Arbeitsrecht. “Hier könnte man etwa das Sonntagsarbeitsverbot lockern, dafür Muslimen die Möglichkeiten geben, im Ramadan eine Auszeit zu nehmen.” Mit Blick auf die Scharia, das islamische Gesetz, sagte Hilgendorf, dass man sie “zu großen Teilen” so interpretieren könne, dass sie mit in Deutschland geltenden Regeln übereinstimme. “Im Konfliktfall steht aber natürlich das Strafrecht über religiösen Regeln.” Er sagte weiter: “Wir haben es gegenüber dem Christentum geschafft, religiöse Vorstellungen, die mit den Werten der Aufklärung nicht vereinbar sind, zurückzudrängen. Das muss auch beim Islam gelingen.”
(KNA – rkslq-89-00004)