Osnabrück (KNA) Ates bezeichne Ende der Ermittlungen gegen Ditib-Imame als “Schweinerei”.
Die muslimische Frauenrechtlerin und Juristin Seyran Ates bezeichnet es als “Skandal”, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen Ditib-Imame wegen Spitzelvorwürfen eingestellt hat. “Man muss es in aller Deutlichkeit als Schweinerei bezeichnen”, sagte die Menschenrechtlerin der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (Dienstag). Deutschland und die Justiz hätten hier versagt, so Ates: “Und ich unterstelle, dass hier auch politische Interessen eine Rolle gespielt haben.” Man habe die Augen zu und die Tür aufgemacht, um sich mit der Türkei gut zu stellen. Dabei seien “ganz viele Menschen von diesen Spitzeleien betroffen”. Der Generalbundesanwalt hatte die Ermittlungsverfahren gegen Ditib-Imame wegen Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit für die Türkei eingestellt.
Es ging dabei um die Vermutung, die Imame hätten in der Bundesrepublik lebende Anhänger der Gülen-Bewegung ausgespäht und die Informationen an türkische Behörden weitergegeben. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hat eine Reihe der Beschuldigten Deutschland verlassen. Bei anderen habe sich kein hinreichender Tatverdacht bestätigt oder die Verfahren seien wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Die Ditib ist der größte islamische Verband in der Bundesrepublik. Dass Ditib immer noch mit staatlichen Vertretern am Verhandlungstisch sitze, etwa als Ansprechpartner für Religionsunterricht und Lehrstühle an Universitäten, sei unverantwortlich, kritisierte Ates. Ditib sei keine Interessenvertretung der Muslime in Deutschland, sondern eine Vertretung des türkischen Staates.
Die Rechtsanwältin bezweifelte zudem, dass die Verbände den Großteil der Muslime in Deutschland vertreten. “Viele Muslime wissen gar nichts von den Verbänden”, so Ates wörtlich: “Deren Macht besteht vielmehr darin, dass sie laut und teilweise aggressiv sind und dass sie aus dem Ausland finanziert werden.” Die Organisationen müssten anhand von Mitgliederzahlen belegen, wen sie eigentlich vertreten. Ates engagiert sich für einen liberalen Islam. Die deutsch-türkische Anwältin war Mitglied der Deutschen Islamkonferenz und hat in diesem Jahr in Berlin eine Moschee gegründet, in der Männer und Frauen unterschiedlicher muslimischer Glaubensrichtungen miteinander beten. Die unter Personenschutz stehende Frauenrechtlerin war 1984 bei einem Anschlag lebensgefährlich verletzt worden.
(KNA – rlmls-89-00158)