Mannheim (KNA) Experten sind sich über die Rolle von Religion bei islamistischer Radikalisierung uneins.
Tendenziell würden religiös-ideologische Aspekte eher überschätzt, sagte der Sozialwissenschaftler Harald Weilnböck am Montag in Mannheim. Es brauche eine Auseinandersetzung mit den ideologischen Ansichten von Extremisten; eine erste Ansprache von radikalisierten Jugendlichen funktioniere indes eher über Emotionen und erzählenden Austausch als über eine sachliche Diskussion. Die Berliner Extremismus-Expertin Claudia Dantschke erklärte, meist spielten politische Ideologien bei der Radikalisierung eine größere Rolle als Religion. “Allerdings wird Religion von Terroristen teils verbrämt, um die eigenen Taten zu legitimieren und sich unangreifbar zu machen.”
Die These, dass frühe religiöse Bildung einer späteren Radikalisierung entgegenwirken könnte, sei durchaus sympathisch, sagte der Islamwissenschaftler Michael Kiefer. “Aber das sind Mutmaßungen, wissenschaftlich erwiesen ist das nicht.” In dieser Frage sei noch mehr Forschung nötig. “Wenn es so wäre, bräuchte es mehr Angebote zur Reflexion religiöser Inhalte”, fügte Kiefer hinzu. So könnten Moscheegemeinden ermuntert werden, im Koranunterricht nicht allein auf das Auswendiglernen, sondern auch auf kritisches Textverständnis zu setzen. Die drei Experten sprachen bei der Tagung “Grenzenloser Salafismus – grenzenlose Prävention? Radikalisierung, politische Bildung und internationale Ansätze der Prävention” der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).
(KNA – rlmko-89-00166)